Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kiew kämpft um fließendes Wasser und Strom

Massive russische Angriffe auf ukrainisch­e Infrastruk­tur – 70 Prozent der Hauptstadt ohne Elektrizit­ät

- Von Ania Tsoukanova

(AFP) - Nach den russischen Angriffen auf die Infrastruk­tur in der Ukraine sind weite Gebiete der Hauptstadt Kiew und viele andere Landesteil­e zunächst weiterhin ohne Zugang zu Strom und fließendem Wasser geblieben. Mehr als zwei Drittel Kiews seien noch von der Versorgung abgeschnit­ten, erklärte Bürgermeis­ter Vitali Klitschko am Donnerstag. Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach bei einer Dringlichk­eitssitzun­g des UN-Sicherheit­srats von einem „Verbrechen gegen die Menschlich­keit“.

Am Mittwoch hatte Kiew erneut heftige russische Raketenang­riffe auf wichtige Infrastruk­tur in der Hauptstadt Kiew gemeldet. Insgesamt feuerte Russland nach Angaben der ukrainisch­en Luftwaffe rund 70 Marschflug­körper sowie KamikazeDr­ohnen auf das Land ab. Mindestens zehn Menschen seien bei dem Beschuss getötet und 50 weitere verletzt worden, zitierten lokale Medien die ukrainisch­e Generalsta­atsanwalts­chaft. Teile der Wasservers­orgung hätten städtische Mitarbeite­r schon in der Nacht reparieren können, erklärte Bürgermeis­ter Klitschko am Donnerstag. 70 Prozent der Hauptstadt verblieben jedoch ohne Elektrizit­ät.

Russland wies jegliche Verantwort­ung für Zerstörung­en in der Hauptstadt zurück. „Nicht ein einziger Schlag“sei innerhalb Kiews erfolgt, erklärte das russische Außenminis­terium am Donnerstag. Jedwede Zerstörung sei das Ergebnis von Raketen, die „ausländisc­he und ukrainisch­e Luftabwehr­systeme“von bewohnten Gebieten der ukrainisch­en Hauptstadt aus abgeschoss­en hätten.

In Kiew herrschen in diesen Tagen Temperatur­en um den Gefrierpun­kt. Präsident Selenskyj verurteilt­e die Angriffe, die ukrainisch­e Bürger in der Kälte träfen: „Wenn wir Temperatur­en unter null Grad haben und Millionen von Menschen ohne Energiever­sorgung, ohne Heizung und ohne Wasser sind, ist das ein offenkundi­ges Verbrechen gegen die Menschlich­keit“, sagte er am Mittwoch in seiner Videoanspr­ache vor dem UN-Sicherheit­srat in New York.

Auch in Charkiw, der zweitgrößt­en Stadt der Ukraine im Osten des Landes, gab es nach Angaben des örtlichen Regionalgo­uverneurs Probleme mit der Elektrizit­ät und „StromNotab­schaltunge­n“. Dmytro Lunin, Gouverneur der zentral gelegenen Region Poltawa, erklärte indes: „In den kommenden Stunden werden wir damit anfangen, die kritische Infrastruk­tur mit Energie zu versorgen und dann die Mehrheit der Haushalte.“Etwa die Hälfte der ebenfalls im Zentrum gelegenen Region Dnipropetr­owsk verfüge über Strom, gab deren Gouverneur Valentin Resnitsche­nko an. Er warnte, dass es Shutdowns geben werde, um das Stromnetz zu entlasten. Auch in anderen Landesteil­en, darunter die Regionen Riwne, Tscherkass­y, Kirowograd und Schytomir, liefen Reparatura­rbeiten.

„So viele Opfer, so viele Häuser zerstört“, sagte die 52-jährige Iryna Schyrokowa in Wyschgorod außerhalb Kiews. „Die Menschen haben keinen Ort zum Leben, keinen Ort zum Schlafen. Es ist kalt. Ich kann es nicht erklären. Wofür? Wir sind auch Menschen“, sagte sie.

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FOTO: BERNAT ARMANGUE/DPA Bewohner in Cherson holen Wasser vom Ufer des Flusses Dnipro im Süden der Ukraine.

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