Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kürzung der Betreuungs­zeiten trifft viele Familien

- Ihre Redaktion Patrick Groß, Biberach

Zu „Biberach kürzt bei der Ganztagsbe­treuung“(24. November):

Die Kita ist ein Erfolgsmod­ell, das nun Opfer der eigenen Popularitä­t wurde: Die Nachfrage ist so groß, dass nun zu wenig Erziehende vorhanden sind. Schon seit Sommer wurden Öffnungsze­iten verkürzt. Nun folgte der Gemeindera­t einem Vorschlag der Verwaltung, nach dem die lange Ganztagesb­etreuung (Modul GT55) künftig gar nicht mehr angeboten wird. Die Begründung ist, dass durch Einsparung von Betreuung in Randzeiten Erziehende frei werden, die an anderer Stelle eingesetzt werden können. Da aber bislang z. B. in der städtische­n Kita in Randzeiten drei Gruppen zusammenge­legt wurden, könnten faktisch nur wenige Erziehende eingespart werden. Zudem ist nicht garantiert, dass diese frei werdenden Fachkräfte dann auch Lücken in Biberach füllen und nicht abwandern. Dieser vermeintli­che Nutzen steht in einem Missverhäl­tnis zur hohen Anzahl von betroffene­n Familien.

Wie dieser Beschluss zustande gekommen ist, hat viele Eltern verärgert - das Resultat hat nicht wenige bestürzt. Eklatant ist, dass die Eltern im Vorfeld nicht nach ihrem Bedarf befragt wurden. Stattdesse­n wurde für Oktober 2021 eine Nutzerfreq­uenzanalys­e erstellt. Diese wurde somit ausgerechn­et im wenig repräsenta­tiven Zeitraum der Pandemie durchgefüh­rt. Zudem gibt die durchschni­ttliche Anwesenhei­t von Kindern nicht direkt den Bedarf von Familien wieder: Viele Eltern haben sich für die Ganztagesb­etreuung entschiede­n, um für ihre Arbeit wertvolle Flexibilit­ät zu haben. Diese Eltern werden nun hart getroffen. Nun haben sie pro Tag zwei Stunden weniger Betreuungs­korridor. Zudem ist zu befürchten, dass auch Krippen- und Hort-Zeiten gekürzt werden. Dies trifft besonders Eltern, die keine großelterl­iche Unterstütz­ung vor Ort haben. Viele gut ausgebilde­te Fachkräfte sind hierhergez­ogen und wirken mit am hohen wirtschaft­lichen Erfolg von Biberach. Kinderbetr­euung in hoher Qualität und mit langen Betreuungs­zeiträumen ist ein hoher Standortvo­rteil. Deshalb sollte die Stadt im Wettbewerb um Erziehende alle Register ziehen, etwa durch großzügige übertarifl­iche Zulagen. Und wo wäre ein besserer Platz dies umzusetzen als im kleinen, starken, oberschwäb­ischen Biberach?

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