Schwäbische Zeitung (Biberach)
167 Ausbildungsstellen im Landkreis sind unbesetzt
Nur sechs von 1126 Bewerbern sind noch ohne Ausbildungsplatz
- Die Aussichten auf den Wunschberuf im Wunschunternehmen sind größer als je zuvor. Doch so gut die Ausgangslage auf Bewerberseite ist, so frustrierend ist sie oft aufseiten der Ausbildungsbetriebe. Das geht aus der Ausbildungsmarktbilanz der Agentur für Arbeit Ulm zum Stichtag 30. September hervor. So stehen beispielsweise im Landkreis Biberach nun 167 unbesetzten Ausbildungsstellen sechs Bewerber gegenüber, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.
Die beliebtesten Ausbildungsberufe im Landkreis Biberach waren bei den Männern Kfz-Mechatroniker (66) gefolgt von Industriemechaniker (57) und Fachinformatiker Systemintegration (33). Bei den Frauen waren es Industriekauffrau, Medizinische Fachangestellte (jeweils 34) und Kauffrau für Büromanagement (33). Unter den insgesamt 167 unbesetzten Ausbildungsstellen waren zwölf Einzelhandelskaufleute, zehn Verkäufer und neun Zimmerer.
„Betrachtet man die Entwicklung über die letzten Jahre hinweg, so ist eindeutig zu erkennen, dass sich die Schere zwischen Ausbildungsstellenangebot und -nachfrage immer weiter öffnet“, sagt Torsten Denkmann, Leiter der Agentur für Arbeit Ulm, und konkretisiert: „Für Ausbildungssuchende ist der Ausbildungsmarkt chancenreich wie nie zuvor. Hingegen spitzt sich die Situation für manch einen Ausbildungsbetrieb weiter zu. Denn wenn heute die Azubis fehlen, dann fehlen morgen die Fachkräfte.“
Von Oktober 2021 bis September 2022 wurden der Agentur für Arbeit Ulm für den Landkreis Biberach insgesamt 1589 Ausbildungsstellen gemeldet und damit 53 weniger als im Vorjahreszeitraum. Gleichzeitig nahmen 1126 Bewerber die Unterstützung der Berufsberatung der Arbeitsagentur bei der Ausbildungsplatzsuche in Anspruch, zwei weniger als im Vorjahr. In Relation kamen 1,4 Ausbildungsstellen auf jeden Bewerber. Unbesetzt blieben 167 Ausbildungsstellen, ein Jahr zuvor waren es 74 oder 30,7 Prozent mehr. Sechs
Bewerber waren zum Stichtag noch unversorgt, im Jahr zuvor waren es neun. Das macht rechnerisch 27,8 offene Ausbildungsstellen je unversorgten Bewerber. Ähnlich sieht es im gesamten Agenturbezirk, der sich über den Stadtkreis Ulm sowie die Landkreise Alb-Donau und Biberach
erstreckt, aus. Dort kamen auf jeden Bewerber 1,61 gemeldete Ausbildungsstellen. 543 der 4091 Ausbildungsstellen blieben unbesetzt (2021: 4045). 38 Bewerber waren zum Stichtag noch unversorgt (2021: 42).
Erfreut sieht der Agenturleiter, dass nach zwei Jahren unter Pandemiebedingungen
wieder verstärkt berufliche Orientierung an Schulen angeboten werden konnte: „Die Rückkehr der Berufsberatung an den Schulen vor Ort macht sich zweifelsohne positiv bemerkbar.“Persönliche Beratungsgespräche und Unterrichtseinheiten zur Berufsorientierung
seien im zurückliegenden Schuljahr wieder verstärkt und freudig angenommen worden, von Schulen und Schülern. Als Konsequenz haben mehr Schulabsolventen als im Vorjahr für die Ausbildungssuche die Berufsberatung in Anspruch genommen. Gleichzeitig nahm die Zahl der sogenannten unversorgten Bewerber ab. Also die Zahl derjenigen, die für die Zeit nach der Schule weder Ausbildungsstelle noch Alternative finden konnten.
Den Ausbildungsbetrieben rät Denkmann: „Je mehr Angebot und Nachfrage auseinanderdriften, desto wichtiger wird es, allen Bewerbern eine Chance zu ermöglichen. Auch wenn sie auf den ersten Blick als weniger geeignet erscheinen.“Die Arbeitsagentur macht zudem darauf aufmerksam, dass zur Stabilisierung der Ausbildungsverhältnisse nicht nur Auszubildende, sondern auch Ausbildungsbetriebe unterstützt werden können. Das sei beispielsweise durch die assistierte Ausbildung möglich, eine professionelle Begleitung des gesamten Ausbildungsprozesses.
Für die Bewerber bleibe es trotz der guten Ausgangslage „wichtig, Alternativen bei der Berufswahl zu entwickeln“, sagt der Agenturleiter und empfiehlt: „Es ist immer ratsam, mehr als ein Eisen im Feuer zu haben, egal wie die Lage am Ausbildungsmarkt ist.“Auch in diesem Zusammenhang sei es sinnvoll, frühzeitig mit der Berufsberatung der Agentur für Arbeit zu sprechen.