Schwäbische Zeitung (Biberach)
Gysi verteidigt Klimaaktivist der „Letzten Generation“
Linke-Politiker als Anwalt in Berliner Prozess tätig – Geldstrafen gegen Straßenblockierer verhängt
(dpa) - Zwei Klimaaktivisten sind in Berlin in getrennten Prozessen zu Geldstrafen verurteilt worden. Ein 24-Jähriger muss 1350 Euro zahlen. Der Student habe sich der Nötigung, des Widerstands sowie des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht, begründete das Amtsgericht Berlin-Tiergarten am Mittwoch seine Entscheidung. Der 24-Jährige hatte zugegeben, sich an mehreren Straßenblockaden der Gruppe Letzte Generation beteiligt zu haben. Er habe sich wegen des Klimanotstands den Protesten angeschlossen, erklärte der Student, der von dem Linke-Politiker und Rechtsanwalt Gregor Gysi vertreten wurde.
Gysi kündigte Rechtsmittel gegen die Entscheidung an. Es gehe um Grundfragen. In seinem Plädoyer hatte er gefordert: „Sie sollten den Mut haben, ihn freizusprechen.“Der Angeklagte habe gestört, „weil er Angst hat“. Die Wut von Autofahrern, die von verursachten Staus betroffen sind, könne er verstehen, sagte Gysi. Im Kern sei es eine Spontandemonstration.
Das Versammlungsrecht habe „Vorrang vor dem Recht, sich mit dem Auto irgendwo hinzubewegen“. Sein Mandant habe sich nicht strafbar gemacht. „Dasitzen ist keine Gewalt.“Der Angeklagte erklärte, er störe ungern und entschuldige sich bei den betroffenen Menschen, „aber nicht dafür, dass ich für den Erhalt unserer Gesellschaft demonstriert habe“. Das Gericht verhängte eine Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 Euro. Ebenfalls am Mittwoch wurde gegen einen weiteren 24-Jährigen wegen Nötigung in einem Fall eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15 Euro verhängt. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Ein weiterer Prozess gegen drei Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation hat am Mittwoch vor dem Amtsgericht München begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Nötigung in zwei Fällen vor.
Bei einer Protestaktion am 3. November hatten die Aktivisten mit weiteren Mitgliedern der Letzten Generation in der Münchner Innenstadt zweimal binnen weniger Stunden den Verkehr blockiert, indem sie sich teils an der Straße festklebten. Da sie damals zudem weitere Aktionen ankündigten, kamen sie in polizeilichen Präventivgewahrsam in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim. Nach Angaben der Gruppe wurden sie erst am vergangenen Samstag entlassen. Die Gruppe Letzte Generation sorgt mit ihren Aktionen derzeit oft für Schlagzeilen. Vergangenen Freitag hatte die Gruppierung angekündigt, bis zum Ende dieser Woche keine Protestaktionen in Berlin und München mehr durchführen zu wollen.