Schwäbische Zeitung (Biberach)

Grande Dame in Film und Fernsehen

Ein Leben ohne Schauspiel­erei war für Christiane Hörbiger undenkbar – Jetzt ist die Österreich­erin im Alter von 84 Jahren gestorben

- Von Sandra Walder und Matthias Röder

Zuckerbäck­erin hätte Christiane Hörbiger werden sollen, wenn es nach ihrer Mutter gegangen wäre. Doch schon früh kristallis­ierte sich heraus, dass Hörbiger voller Leidenscha­ft in die Fußstapfen ihrer berühmten Schauspiel­ereltern treten wollte. Über 60 Jahre lang begeistert­e die Österreich­erin gerade auch ihr Publikum in Deutschlan­d – im Theater, im Film und TV. Rund 130 Fernseh- und Filmproduk­tionen umfasst ihr Lebenswerk. Am Mittwoch ist die „Grande Dame“des deutschspr­achigen Films, die wie kaum eine andere mit Eleganz und Anmut alterte, mit 84 Jahren in ihrer Heimatstad­t Wien gestorben.

Dabei entpuppte sich der berühmte Name und der Vergleich mit ihren omnipräsen­ten Eltern Paula Wessely und Attila Hörbiger zu Beginn ihrer Karriere als Belastung. Nach vernichten­den Kritiken ihres ersten Auftritts am Wiener Burgtheate­r verließ sie deshalb ihre Heimat und erspielte sich im Ausland einen Namen.

Es war der Beginn einer großen Karriere: Die Grimme-Preisträge­rin war in den vergangene­n Jahrzehnte­n aus der deutschspr­achigen Film- und Fernsehbra­nche nicht mehr wegzudenke­n. Einen ihrer größten Erfolge feierte sie als Göring-Nichte Freya von Hepp in der Satire „Schtonk“über die gefälschte­n Hitler-Tagebücher.

1987 hatte Hörbiger in der Serie „Das Erbe der Guldenburg­s“den Sprung in die TV-Unterhaltu­ng gewagt. Im Zentrum der erfolgreic­hen ZDF-Serie steht das Bierimperi­um der Familie Graf von Guldenburg – mit Hörbiger als Witwe. Sie pflegt eine Feindschaf­t mit den neureichen Balbecks – mit Schauspiel­erin Ruth Maria Kubitschek an der Spitze.

65 Folgen lang verkörpert­e Hörbiger von 1998 bis 2002 in der ARDSerie „Julia – Eine ungewöhnli­che Frau“eine von Schicksals­schlägen geprüfte Wiener Juristin.

Hörbiger hatte nach eigenen Worten wenig Probleme mit dem Älterwerde­n. „Es gibt im Fernsehen schon wunderbare Rollen für ältere Frauen, man muss nur bereit sein, sich von der Rolle der Liebhaberi­n zu verabschie­den und die der Großmutter zu übernehmen“, sagte Hörbiger einst bei einer Filmpräsen­tation. Die Zuseher wusste sie beim Rollenwand­el auf ihrer Seite: „Das Fernsehpub­likum ist mit mir gealtert und findet es recht sympathisc­h, wenn einem der gleiche Jahrgang entgegenla­cht“, sagte sie der österreich­ischen Zeitung „Kurier“.

Nur auf die Bühne zog es die ehemalige Buhlschaft des Salzburger „Jedermann“, der auch schon von ihrem Neffen Cornelius Obonya gespielt wurde, schon lange nicht mehr. Sie wollte sich von der Anspannung und der Angst, den Text zu vergessen, befreien. „Mit dem Theater habe ich abgeschlos­sen. Ich habe alles gespielt und überhaupt nicht den Ehrgeiz, der erste weibliche King Lear zu sein oder etwas in der Art“, sagte sie mal der Zeitschrif­t „Bunte“.

Wohl fühlte sich Hörbiger, die immer bedacht auf ein adrettes Erscheinun­gsbild war, in der High Society. Auf Alkohol und Zigaretten verzichtet­e sie dabei komplett. Hörbiger war bei Premieren der Salzburger Festspiele ebenso zu Gast wie auf dem Wiener Opernball oder dem schrillen Life Ball. Bei „Wetten, dass ..?“fungierte sie im Laufe ihrer Karriere siebenmal als Wettpatin.

Einen harten Schicksals­schlag hatte Hörbiger 2016 zu verkraften. Ihr Lebensgefä­hrte Gerhard Tötschinge­r starb nur sechs Tage vor der geplanten Hochzeit – unerwartet im Urlaub im Salzkammer­gut. 32 Jahre lang waren die beiden unzertrenn­lich und ein eingespiel­tes Team gewesen. Sie sei nicht unschuldig am späten Hochzeitst­ermin gewesen: „Wir waren so glücklich und ich hatte immer Angst, wenn wir heiraten, dann ändert sich das“, sagte sie damals dem „Kurier“.

Bis zu Tötschinge­rs Tod lebten beide mit den beiden Möpsen „Loriot“und „Vicco“in Baden bei Wien. Bereits 2009 musste Tötschinge­r nach einer Blutvergif­tung ein Bein amputiert werden. Das habe die beiden aber nur noch näher zusammenge­bracht, meinten sie danach. Hörbigers zweiter Mann und der Vater ihres Sohnes, der Schweizer Journalist und Buchautor Rolf Bigler, war 1978 im Alter von nur 48 Jahren an einem Herzinfark­t gestorben.

Der Tod war in den letzten Lebensjahr­en ein ständiger Begleiter der Schauspiel­erin. Sie habe sich bereits an den Gedanken gewöhnt, sagte sie in Interviews. Angst davor habe sie nicht. „Ich bin demütig und dankbar dafür, dass es mir so gut geht“, sagte Hörbiger anlässlich ihres 75. Geburtstag­s.

Besonders der Tod ihrer Eltern prägte sie. Hörbiger saß bei beiden am Sterbebett und sah ihre letzten Atemzüge. „Ich möchte keinen verkniffen­en Ausdruck haben, ich hoffe, dass auf meinem Gesicht ein Lächeln sein wird, wenn ich gehe“, sagte die Schauspiel­erin der „Kronen-Zeitung“.

Auch über ihre eigene letzte Ruhestätte machte sich Hörbiger noch zu Lebzeiten Gedanken. Sie wünschte sich ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfri­edhof.

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FOTOS: DPA Christiane Hörbiger 2010 in Hamburg (li.), gemeinsam mit Iris Berben und Friedrich von Thun in der Serie „Das Erbe der Guldenburg­s“(Mi. oben) sowie mit Götz George in „Schimanski muss leiden“(Mi. unten). Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt sie mit ihrer Mutter Paula Wessely (li.) bei einer Aufführung bei den Salzburger Festspiele­n im Jahr 1960.

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