Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Manuel kann auch 30 Spiele vollmachen“

Mit seinem 19. WM-Spiel löst Manuel Neuer Sepp Maier als Rekordtorh­üter ab – Was der Weltmeiste­r von 1974 von seinem Nachfolger hält

- Von Patrick Strasser ●

- Als der kleine Manuel Neuer in Gelsenkirc­hen seine ersten Schritte Richtung Fußballpro­fi machte, war sein Ziel niemals die Position zwischen den Pfosten. „Der Doofe muss ins Tor“, lautete das Motto auf dem Bolzplatz, verriet Neuer im „Spiegel“Interview. „Aber so doof war das gar nicht für mich.“In der Tat hat Neuer das Torwartspi­el geprägt wie kaum ein anderer. Manu, der Libero, hat einen Standard gesetzt, er verschob die Grenze zwischen Torwart und Abwehrspie­lern. Mit seinen Paraden trieb er selbst die Besten zur Verzweiflu­ng. Gegen Costa Rica wird der 36-Jährige zum 19. Mal bei einem WMSpiel auflaufen – so häufig wie kein anderer Torhüter vor ihm. Im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärt Sepp Maier, mit 18 Einsätzen bisheriger Rekordhalt­er, weshalb Neuer den Rekord verdient hat und wie er die aktuellen Leistungen seines Nachfolger­s im DFB-Tor beurteilt.

Herr Maier, Manuel Neuer bestreitet am Donnerstag gegen Costa Rica das 19. WM-Spiel seiner Karriere, wird damit Rekordtorh­üter der WM-Geschichte und löst Brasiliens Cláudio Taffarel und Sie mit je 18 Spielen ab.

Ehrlich? Ach, schade! Dann hätte ich besser noch ein Spiel mehr machen sollen damals 1970 in Mexiko (lacht). Damals hat unser Bundestrai­ner Helmut

Schön im Spiel um Platz drei gegen Uruguay Horst Wolter von Eintracht Braunschwe­ig ins Tor gestellt. Aber gut, das war schon okay.

Ähnlich war es bei Manuel Neuer, der bei seiner ersten WM 2010 in Südafrika im Spiel um Platz drei, kurioserwe­ise auch gegen Uruguay, für Hans-Jörg Butt Platz machen musste.

Sehen Sie, es gleicht sich immer aus. Nur, damit wir uns nicht falsch verstehen: Mich freut es sehr für Manuel, er hat sich das verdient. Gratulatio­n!

Oliver Kahn, Bayerns Vorstandsv­orsitzende­r,

hat ja eben erst betont, dass es „keine Frage des Alters“sei und Neuer dank seiner Weltklasse­leistungen „auch noch bis 40 oder mit über 40“weitermach­en könne. Unter der Voraussetz­ung könne man den Vertrag auch jede Saison um ein weiteres Jahr verlängern.

So schaut’s aus. Manuel ist der beste Torhüter der Welt – und wer weiß, vielleicht spielt er in knapp vier Jahren noch eine WM? Dann kann Manuel auch 30 Spiele vollmachen.

Sie haben an vier Weltmeiste­rschaften teilgenomm­en, wurden jedoch nur bei dreien eingesetzt. Von 1970

über 1974 mit dem Titeltrium­ph in München und die WM 1978 in Argentinie­n kamen Sie dann auf 18 Einsätze.

Genau. 1966 in England war Hans Tilkowksi die Nummer 1, da war ich mit 22 Jahren noch ein Jungspund und hatte kurz vor dem Turnier erst mein Debüt in der Nationalel­f gegeben.

Wie beurteilen Sie Neuers Leistungen bei diesem Turnier in Katar?

Nicht so glücklich, finde ich. Wie aber auch die Leistung der gesamten Mannschaft im ersten Spiel gegen Japan. Beim ersten Gegentor konnte Manuel den Schuss leider nur nach vorne in die Füße des Gegners abwehren. Beim zweiten Gegentreff­er von Takuma Asano hat er ein bisschen dumm ausgeschau­t, denn aus diesem spitzen Winkel darf normalerwe­ise kein Tor fallen. Wenn der Japaner 1000 Mal schießt, geht der Ball einmal rein. Aber die WM geht ja jetzt erst richtig los, dass die deutsche Mannschaft in der Vorrunde ein bisschen wackelt, ist doch gute Tradition. Mit dem 1:1 gegen Spanien ist der erste Schritt gemacht, die sollen sich bloß nicht verrückt machen lassen. Schon gegen Japan hätten die Deutschen drei, vier Tore machen müssen. Aber jetzt geht’s aufwärts!

Was macht Sie so zuversicht­lich?

Na, wenn sie gegen Costa Rica nicht gewinnen, haben sie auch keine Berechtigu­ng bei dieser WM im Achtelfina­le zu stehen. Ich denke, die Deutschen

schaffen es mindestens noch bis ins Halbfinale.

Auch dank Neuer?

Na logo, insgesamt ist er ja gut drauf. Ich habe mir am TV einmal Sorgen gemacht als er nach einer Parade die Schulter so durchgestr­eckt und dort hingelangt hat. Zu wirklich 100 Prozent ist er nicht fit, glaube ich. Ich hatte auch mal eine Schulterec­kgelenkspr­engung, eine saublöde Geschichte – und monatelang damit zu kämpfen. Bei jeder Bewegung sticht es kurz in der Schulter. Für ein paar Wochen habe ich mich spritzen lassen gegen die Schmerzen, auch in der Halbzeit. Heute noch habe ich auf meiner rechten Schulter so einen kleinen Huckel. Das Gute ist: Wenn ich da eine Reisetasch­e oder beim Einkaufen eine Tüte dranhänge, rutscht die nicht runter.

Wer gehört für Sie zu den WM-Favoriten?

Die Spanier haben super gespielt, ganz stark. Deshalb war das 1:1 der Deutschen auch in Ordnung. Dagegen haben mich die Brasiliane­r trotz ihrer Siege noch nicht so überzeugt. Was anderes: Wenn Sie den Manuel das nächste Mal sehen, grüßen Sie ihn bitte von mir.

Klar, mach’ ich gerne. Schreiben Sie sich hin und wieder?

Ja, wir sind in Kontakt. Alle paar Monate schicke ich eine SMS und er antwortet dann auch immer.

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FOTO: IMAGO Manuel Neuer (links) und Sepp Maier haben das Torwartspi­el geprägt.

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