Schwäbische Zeitung (Biberach)
Grundstückseignern droht Gelbe Karte
Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung endet am Dienstag – Verbände klagen
- Endspurt für Grundstückseigentümer: Bis spätestens Dienstag müssen sie ihre Grundsteuererklärung einreichen – sonst drohen bald Bußgelder. Zwei Klagen gegen das baden-württembergische Grundsteuermodell gibt es schon, weitere sind in Planung. Was Eigentümer von Wohn- und Gewerbeflächen nun wissen müssen.
Worum geht es?
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Grundsteuerberechnung wegen veralteter Werte gekippt hatte, hat der Bund ein neues Modell erarbeitet. Manche Länder wie Bayern und Baden-Württemberg sind ausgeschert und haben eigene Berechnungsmethoden entwickelt. Alle Modelle vereint, dass Grundstückseigentümer erstmals Angaben per Grundsteuererklärung machen müssen. Wegen Kritik am Prozess und wenigen Rückmeldungen bis zur ursprünglichen Frist Ende Oktober 2022 hatten die Länder eine Verlängerung bis Ende Januar gewährt. Trotzdem haben in Baden-Württemberg erst 63 Prozent der Eigentümer von Wohn- und Gewerbeflächen ihre Angaben zur Grundsteuer B eingereicht, erklärt ein Sprecher von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne). Landesweit gibt es 5,6 Millionen Grundstücke.
Was erwartet Eigentümer, die keine Erklärung abgeben?
Ihnen schicke das Finanzamt im ersten Quartal eine Erinnerung mit einem Abgabetermin, erklärt Bayaz’ Sprecher. „Die Erinnerung ist quasi die Gelbe Karte.“Reichen die Eigentümer dann immer noch keine Grundsteuererklärung ein, können die Finanzämter Verspätungszuschläge verlangen. Konkrete Zahlen nennt er nicht. Der Bund der Steuerzahler rechnet mit einer Zwangsgeldandrohung in Höhe eines niedrigen dreistelligen Betrags. Hinzu kommen könnten zudem Versäumniszuschläge ab 25 Euro pro Monat.
Außerdem könnten die Finanzämter den Grundsteuerwert dann schätzen – mit möglicherweise negativen Folgen, sagt Bayaz’ Sprecher. „Das ist ähnlich wie beim Stromverbrauch: Da schätzen die Versorger auch den Stromverbrauch, wenn man die tatsächlichen Zählerangaben nicht übermittelt.“
Können sich Eigentümer gegen die neue Grundsteuerberechnung wehren, indem sie keine Erklärung abgeben?
„Das halten wir nicht für die richtige Strategie“, sagt Eike Möller, Landeschef des Bunds der Steuerzahler. „Das Finanzamt sitzt hier eindeutig
am längeren Hebel.“Auch Ottmar Wernicke vom Eigentümerverband Haus und Grund betont: „Unbedingt sollte man den Grundsteuerbescheid einreichen.“
Wie also können sich unzufriedene Eigentümer wehren?
Durch einen Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid, den Möller und Wernicke empfehlen. Diesen bekommen Eigentümer vom Finanzamt, nachdem sie ihre Grundsteuererklärung eingereicht haben. Viele hätten diesen schon, erklärt Wernicke, dessen Verband gemeinsam mit dem Bund der Steuerzahler und zwei weiteren Eigentümerverbänden bereits zwei Klagen gegen das Grundsteuermodell eingereicht und zwei weitere angekündigt hat.
Worum geht es in den Klagen?
Im Gegensatz zum Bundesmodell spielen Gebäude beim sogenannten Bodenwertmodell im Südwesten keine Rolle. „Wir sind davon überzeugt, dass unser Modell einfacher und unbürokratischer ist ohne Angaben zum Gebäude“, erklärt Bayaz’ Sprecher. Dies halten die vier Verbände für verfassungswidrig und unterstützen Klagen von betroffenen Eigentümern.
In der ersten vom Dezember geht es um die Frage, ob es rechtens ist, dass ein Eigentümer eines kleinen, alten Häuschens genauso viel Grundsteuer zahlen muss wie sein Nachbar mit Villa – sofern die Grundstücke gleich groß sind. Seit vergangener Woche gibt es die
zweite Musterklage beim Finanzgericht. Hierbei geht es um die sogenannten Bodenrichtwerte. Diese legen Gutachterausschüsse für Bezirke fest, indem sie Grundstücksverkäufe der vergangenen Jahre analysieren. Der Bodenrichtwert ist neben der Grundstücksgröße entscheidend für die Grundsteuerberechnung. Die Verbände kritisieren, dass für größere Gärten der volle Bodenrichtwert angesetzt und keine Abschläge gewährt werden.
Zwei weitere Musterklagen würden bald eingereicht, sagt Wernicke. Dabei soll es etwa um nicht nachvollziehbare Bodenrichtwerte gehen. Wernickes Beispiel spielt am Bodensee: Der Bodenrichtwert eines Mischgebiets ist höher als der einer nahe gelegenen Häuserzeile mit Seeblick – weil es bei dieser Häuserzeile in jüngerer Vergangenheit keine Verkäufe gegeben habe, begründet er. Zudem kritisieren die Verbände, dass Eigentümern hohe Kosten entstehen, wenn sie den Grundsteuerwert für zu hoch halten. Sie müssen einen zertifizierten Gutachter beauftragen und bezahlen und haben nur eine Chance auf einen geringeren Grundsteuerwert, wenn dessen Ergebnis 30 Prozent vom ursprünglichen Bescheid abweicht.
Wird die Steuer denn für jeden teurer?
Nein. Genaue Zahlen kann noch niemand liefern, auch deshalb, weil die Städte und Gemeinden Hebesätze festlegen, mit denen die Werte multipliziert
werden. Das passiert im letzten Schritt, Ende 2024, bevor die Steuer Anfang 2025 in Kraft treten soll. Die Kommunen haben angekündigt, in Summe nicht mehr Grundsteuer einnehmen zu wollen als bisher.
Klar ist aber schon jetzt, dass es zu Verschiebungen kommen wird. Eigentümer eines Einfamilienhauses mit großem Garten etwa werden tendenziell deutlich mehr zahlen müssen, sagt Wernicke. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte am Dienstag: „Logischerweise wird das jetzt dazu führen, dass Leute überrascht sein werden, dass sie erheblich mehr zahlen müssen und andere weniger.“Diese hätten aber auch über Jahre vom veralteten Steuermodell profitiert. Er sprach sich klar für das Bodenwertmodell des Landes aus. „Das deutsche Steuerrecht ist deswegen so kompliziert, weil man jede auch noch so kleine Steuer überschwemmt mit Gerechtigkeitsfragen“, kritisierte der Regierungschef. „Dann wird immer alles noch komplizierter und das durchschaut zum Schluss niemand mehr. Dann ist das alles zum Schluss ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Steuerberater-Büros.“
Wann ist die Grundsteuer A fällig?
Hier haben Eigentümer noch etwas Zeit. Die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärung für land- und forstwirtschaftliche Flächen läuft erst Ende März aus.