Schwäbische Zeitung (Biberach)

Fracking entzweit die Ampel-Parteien und auch die Opposition

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Fracking erlauben oder nicht? Insbesonde­re die Union gibt in dieser Frage derzeit kein einheitlic­hes Bild ab. Dabei ist Fraktionsv­ize Steffen Bilger nicht der Einzige, der sich dafür ausspricht.

Auch der frühere baden-württember­gische Ministerpr­äsident und EU-Energiekom­missar hält die Technologi­e für nötig. „Sofort einsteigen ins Fracking“, forderte Günther Oettinger im Oktober im „Mannheimer Morgen“. „Wir werden im Jahr 2040 noch Gas benötigen.“Bei der innenpolit­ischen Ablehnung von Fracking sei Deutschlan­d „nicht glaubwürdi­g, sondern scheinheil­ig“.

Deutlich skeptische­r äußert sich der aktuelle CDU-Landesvors­itzende Thomas Strobl. „Bei uns in BadenWürtt­emberg liegen mögliche Erdgasvork­ommen im Gebiet um den nordöstlic­hen Bodensee. Der Bodensee ist freilich der größte, unser gigantisch­er Trinkwasse­rspeicher im Land – ein wichtiger Quell unseres Lebens“, sagte Strobl der „Schwäbisch­en Zeitung“. In Sachen Trinkwasse­rversorgun­g dürfe nichts riskiert werden. „Es bleibt daher dabei: Hände weg vom See! Wie das in anderen Ländern aussieht – wie dort die Lage ist, müssen die Länder und der Bund sorgfältig bewerten. Die an den Bodensee angrenzend­en Gebiete sind jedenfalls tabu.“Als ausgesproc­hener Fracking-Skeptiker gilt auch CDUBundesv­ize Andreas Jung, Sprecher der Bundestags­fraktion für Umweltund Klimapolit­ik.

Offener zeigt sich die FDP. In Baden-Württember­g hat die FDP

Anfang Januar die Energiepol­itik zu einem Schwerpunk­t ihres Parteitags gemacht. Man wolle es ermögliche­n, auch die deutschen Erdgasvork­ommen zu nutzen, heißt es in dem Leitantrag, den die FDPDelegie­rten beschlosse­n haben. Und weiter, ohne das Stichwort Fracking beim Namen zu nennen: „Grundsätzl­iche und politisch motivierte Verbote der Erschließu­ng von Gasförderm­öglichkeit­en lehnen wir ab.“

Auf Bundeseben­e ist die FDP mit ihrer Haltung innerhalb der Koalition allerdings allein – SPD und Grüne lehnen Fracking ab. „Wer heute nationales Fracking fordert, ruft zu teuren Fehlinvest­itionen mit gravierend­en Nutzungsko­nkurrenzen auf“, sagte etwa die SPDEnergie­politikeri­n Nina Scheer im Oktober dem „Handelsbla­tt“. Zuvor hatte FDP-Chef Christian Lindner den Einstieg ins Fracking auch in Deutschlan­d gefordert.

Nach einer Untersuchu­ng des Bundesamte­s für Geowissens­chaften und Rohstoffe (BGR) aus dem Jahr 2016 beliefen sich die konvention­ellen Gasreserve­n Deutschlan­ds auf mindestens 90 Milliarden Kubikmeter. Das entspricht in etwa dem, was die Deutschen innerhalb eines Jahres an Gas verbrauche­n. Allerdings kommt nur ein kleiner Teil des verbraucht­en Gases aus heimischer Förderung – im vergangene­n Jahr lag der Anteil nach Branchenan­gaben bei 5,4 Prozent. Die durch Fracking förderbare Gasmenge schätzte das BGR auf 320 bis über 2000 Milliarden Kubikmeter. (ume)

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