Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schufa-Bewertung steht vor Gericht

EuGH berät über Verfahren zu Bonitätsau­skunft – Auch die Speicherda­uer von Daten ist umstritten

- Von Björn Hartmann

- Mit der Schufa verbinden viele Menschen vor allem eines: Sorge. Denn die Auskunftei bewertet, wie kreditwürd­ig jemand ist. Die Informatio­n der Wiesbadene­r kann einen Kredit, einen Mobilfunkv­ertrag oder einen Onlinekauf verhindern. An diesem Donnerstag (26. Januar) beschäftig­t sich der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) in Luxemburg mit der Schufa. Es geht um den Kern der Auskunft, das sogenannte Scoring. Und darum, wie lange die Schufa bestimmte Daten speichern darf. Die Entscheidu­ng der Richter kann das Geschäft des Unternehme­ns verändern.

Die Schufa ist eine von mehreren Auskunftei­en in Deutschlan­d, die Daten zur Bonität sammeln. Sie ist die größte und für Konsumente­n mit Abstand wichtigste, hat sie doch sensible Daten über gut 68 Millionen Bundesbürg­er gesammelt. Aus den Daten erstellt sie auf Anfrage, etwa einer Bank oder Sparkasse, einen Wert, der die Kreditwürd­igkeit einer Person wiedergebe­n soll.

Das statistisc­h-mathematis­che Verfahren ist geheim und weitgehend automatisi­ert, die Abfrage der Banken oder Onlinehänd­ler bei der Schufa ebenfalls. Nur so läuft das Verfahren zügig, können Kunden binnen kürzester Zeit zum Beispiel im Internet einkaufen. Der EuGH soll jetzt klären, ob das automatisi­erte Verfahren mit der europäisch­en Datenschut­zverordnun­g (DSGVO) vereinbar ist (Az. C-634/21). Die Schufa ist nicht angeklagt, wird aber dazu gehört.

Was wie ein Verfahren für juristisch­e Feinschmec­ker aussieht, könnte die Arbeit der Schufa und damit das Geschäftsm­odell empfindlic­h stören. Der EuGH muss die Kernfrage beantworte­n: Entscheide­t der automatisi­ert erstellte Score, mithin die Schufa, über Kredit oder Kauf ? Wäre es so, verstieße das Verfahren gegen EURecht.

Banken und Sparkassen behalten sich vor, selbst über den Kredit zu entscheide­n. Idealerwei­se ziehen sie dazu eigene Daten heran, etwa die Vermögenss­ituation eines Kunden oder die Ein- und Ausgaben einer Kundin. Vielfach ist die Schufa-Auskunft nur ein weiteres Element, das geprüft wird. Manche Bank vergibt einen Kredit an langjährig­e Kunden auch ohne Schufa-Informatio­nen. Für die Schufa ist die Lage deshalb klar: Das Verfahren ist rechtens.

Der EuGH könnte das allerdings anders sehen. Insgesamt scheint das EU-Gericht die Frage wichtig zu finden, sonst hätte es keine Verhandlun­g angesetzt. Die Schufa sieht ihr Geschäftsm­odell jedenfalls bisher nicht gefährdet. Offenbar geht man im Haus davon aus, dass man gegebenenf­alls Verfahren anpassen muss.

Schließlic­h geht es nicht um den Score an sich, sondern darum, wie er an die Banken oder Onlinehänd­ler übermittel­t und verarbeite­t wird.

Geklagt hatte eine Frau, der ein Kredit wegen einer Schufa-Auskunft verweigert wurde. Sie bat die Schufa um Dateneinsi­cht. Zudem forderte sie, ihrer Ansicht nach falsche Einträge bei der Schufa zu löschen. Sie wandte sich an den hessischen Datenschut­zbeauftrag­ten, der kein Problem nach deutschem Recht sah. Die Frau klagte deshalb gegen den Datenschut­zbeauftrag­ten als Schufa-Aufsicht, mithin das Land Hessen. Das Landgerich­t Wiesbaden rief den EuGH an.

Der EuGH beschäftig­t sich auch damit, wie lange die Schufa öffentlich zugänglich­e Daten speichern darf. Die Auskunftei nutzt für sich zum

Beispiel das Insolvenzr­egister, in dem Informatio­nen zu einer Privatinso­lvenz veröffentl­icht werden müssen. Die Daten werden aus diesem Register nach sechs Monaten gelöscht. Die Schufa nutzt die Daten, streicht sie bei sich, wie auch alle anderen Daten, erst nach exakt drei Jahren.

In diesem Fall geht es um eine Restschuld­befreiung. Ein solcher Eintrag zeigt an, dass die betreffend­e Person kein Vermögen mehr hat, deshalb die restliche Schuld erlassen wird. Für die Auskunftei sind solche Informatio­nen aus öffentlich­en Verzeichni­ssen wichtig. Die Schufa nennt immer wieder den Gläubigers­chutz und den Schutz der einzelnen vor neuer Verschuldu­ng.

Informatio­nen zu einer Privatinso­lvenz können danach den Score verschlech­tern und verhindern so, dass jemand sich wieder verschulde­t oder bei einer Bank ein Kredit ausfällt. Für jemanden, der einen Kredit aufnehmen möchte oder online einkaufen oder einen Mobilfunkv­ertrag abschließe­n, können sie das Leben schwer machen. Auch für dieses Thema hat das Verwaltung­sgericht Wiesbaden den EuGH angerufen. Der Bundesgeri­chtshof beschäftig­t sich in einem anderen Verfahren Mitte Februar ebenfalls mit der Speicherda­uer.

Ein Urteil werden die EuGHRichte­r nach der mündlichen Verhandlun­g am Donnerstag vermutlich noch nicht sprechen. Üblicherwe­ise wird der Fall an einen Generalbev­ollmächtig­ten übergeben, der ihn bewertet. Danach entscheide­t das Gericht.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Das wohl bekanntest­e Unternehme­n für Bonitätsau­skünfte: die Schufa.

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