Schwäbische Zeitung (Biberach)
Verdi ruft erneut zu Post-Warnstreiks auf
Verzögerungen bei der Zustellung von Briefen und Paketen in den kommenden Tagen – Auch Zollernalb und Reutlingen betroffen
(dpa) - Viele Postkunden im Südwesten könnten wieder vergeblich auf Briefe und Pakete warten. Die Gewerkschaft Verdi rief am Donnerstag auch im Südwesten erneut zu Warnstreiks in Briefund Paketzentren auf. Bis zum Mittag beteiligten sich mehrere Hundert Mitarbeiter, wie ein Gewerkschaftssprecher in Stuttgart mitteilte. Mit weiteren Arbeitsniederlegungen sei in den kommenden Tag zu rechnen.
Im Land waren demnach am Donnerstag unter anderem die Regionen Stuttgart, Ebersbach an der Fils, Wernau, Villingen-Schwenningen, teilweise Südbaden, Zollernalb, Reutlingen sowie die Metropolregion Rhein-Neckar betroffen.
Zu den möglichen Auswirkungen sagte eine Sprecherin der Deutschen Post, so könne es zu Verzögerungen bei der Abholung und Auslieferung von Brief- und Paketsendungen kommen. „Diese können dazu führen, dass Briefe und Pakete erst mit einigen Tagen Verzögerung, das heißt je nach Ende der Streikaktivitäten vor Ort erst am Samstag oder zu Beginn der kommenden Woche ausgeliefert werden.“Verdi will mit den Warnstreiks Druck in der laufenden
Tarifrunde machen. Die Streikenden bei der Post hätten genau registriert, dass die Beschäftigten bei Mercedes-Benz 7300 Euro als Beteiligung am Milliardengewinnen ihres Konzerns erhalten, so Andreas Henze, Verdi-Landesfachbereichsleiter für Postdienste. „Für diese Summe müssen viele Postlerinnen
und Postler drei Monate arbeiten.“Die Gewerkschaft verlangt 15 Prozent mehr Geld bei einer Vertragslaufzeit von einem Jahr. Das Unternehmen lehnt das ab und argumentiert, dass Lohnsteigerungen nicht durch Preiserhöhungen weitergegeben werden könnten, weil der deutsche Markt reguliert sei. Die Verhandlungen
gehen am 8. und 9. Februar weiter. Ein Sprecher der Post reagierte mit Unverständnis auf die erneuten Arbeitsniederlegungen. Man habe doch bereits angekündigt, zu Beginn der dritten Verhandlungsrunde am 8. Februar ein Angebot vorzulegen. Daher seien die Warnstreiks „unnötig, da sie letztlich nur zu Lasten unserer Kundinnen und Kunden gehen“.
Die Post hat starke Wachstumsjahre hinter sich, was auch an der Corona-Pandemie lag: Die Menschen bestellten viel mehr im Internet als zuvor. Im vergangenen Jahr sanken die Paketmengen zwar etwas, da sich die Pandemiefolgen abschwächten und die Menschen wieder mehr einkaufen gingen. Auch die konjunkturelle Eintrübung machte sich bemerkbar. Dafür zog aber das zuvor schwächelnde Briefgeschäft wegen steigender Werbesendungen an. Die Perspektiven des Logistikers sind in Zeiten des boomenden Onlinehandels weiter positiv. Allerdings machen höhere Kosten etwa für Energie dem Unternehmen zu schaffen.
Die Deutsche Post betont, dass sie finanziellen Spielraum für Investitionen brauche - Investitionen, die die derzeitigen Jobs langfristig absicherten. Stiegen die Personalkosten zu stark, könnte das Investitionen ausbremsen und so die Zukunft eintrüben.
Verdi hingegen verweist auf die Leistungen der Belegschaft in Pandemiezeiten und auf die hohe Inflation, die eine kräftige Entgeltsteigerung erforderlich mache. „Die Streiks sind ein klares Zeichen unserer Mitglieder in Richtung Arbeitgeber“, sagte die Vize-Vorsitzende von Verdi, Andrea Kocsis.
Die Arbeitgeber hätten in der zweiten Tarifverhandlungsrunde in der vergangenen Woche deutlich gemacht, dass sie nicht bereit und auch nicht in der Lage seien, die Reallohnverluste der Beschäftigten auszugleichen, sagte die Gewerkschafterin. „Das ist eine Provokation, auf die die Beschäftigten mit ihren Streiks eine unmissverständliche Antwort geben.“
Der Konzern erwarte für 2022 einen Rekordgewinn. „Diesen Erfolg verdankt das Unternehmen der Arbeit der Beschäftigten“, so Kocsis. Auch vor diesem Hintergrund seien die Tarifforderungen „notwendig, gerecht und machbar“.