Schwäbische Zeitung (Biberach)
So stehen die Abgeordneten zur Cannabis-Legalisierung
Anja Reinalter, Martin Gerster und Josef Rief bewerten das Vorhaben der Bundesregierung
- Die Ampelkoalition plant die Legalisierung von Cannabis. Zukünftig soll eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften möglich sein. So lautet das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel. Wir haben die Bundestagsabgeordneten Anja Reinalter, Martin Gerster und Josef Rief um eine Einschätzung gebeten.
„Grundsätzlich stehe ich einer Legalisierung von Cannabis positiv gegenüber“, sagt Martin Gerster (SPD), denn so könne die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert sowie Jugendschutz und Gesundheitsschutz für Konsumenten bestmöglich gewährleistet werde. „Natürlich“, so Gerster weiter, sei „sorgfältig zu prüfen“, unter welchen Rahmenbedingungen die Legalisierung erfolge. Das Eckpunktepapier von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bilde die Arbeitsgrundlage für die weiteren parlamentarischen Beratungen. „Als SPD-Fraktion sind uns der Jugendschutz und Präventionsangebote, gerade für jüngere Erwachsene, ein zentrales Anliegen“, betont Gerster. Eine Abgabe solle nur an Erwachsene ab 18 Jahren erfolgen, „natürlich unter Einhaltung einer festgelegten Höchstmenge von maximal 20 bis 30 Gramm Genusscannabis zum Eigenkonsum im privaten und öffentlichen Raum“. Weil für Heranwachsende bis 21 Jahre ein erhöhtes Gesundheitsrisiko
bestehe, werde hier eine Obergrenze für den THC-Gehalt geprüft, so Gerster. Effektive Informationsund Beratungsangebote sowie ein generelles Werbeverbot sollen zudem dazu beitragen, die Gesundheitsrisiken für junge Erwachsenen einzudämmen. „Neben den Vorteilen mit Blick auf den Gesundheitsschutz ist es an der Zeit, CannabisKonsumenten zu entkriminalisieren und stattdessen ein sicheres und verantwortungsbewusstes Konsumverhalten ins Zentrum zu stellen“, sagt Gerster. „Außerdem ergeben sich auch wirtschaftliche Vorteile, wie die Entlastung der Polizei und Justiz, die Beendigung des Schwarzmarkts, die Schaffung neuer Arbeitsplätze sowie zusätzliche Steuereinnahmen durch eine Cannabis-Steuer“, so Gerster abschließend.
Anja Reinalter (Grüne) begründet die Pläne der Ampelkoalition für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene wie folgt: „Das machen wir, weil wir den Schwarzmarkt trockenlegen wollen. Kein Dealer fragt nach einem Ausweis.“Für die Ampel stehe der Jugendschutz hingegen an erster Stelle, betont Reinalter und ergänzt: „Verkauft werden soll Cannabis nur in lizenzierten und staatlich kontrollierten Geschäften und an niemanden unter 18 Jahren. Abgabestellen müssen strenge Auflagen erfüllen und Werbung für Cannabisprodukte wird untersagt.“„Cannabis ist nicht harmlos“, sagt die Laupheimerin und führt aus: „Er ist immer noch ein Stoff, der bei sehr häufigem Gebrauch und gerade bei jungen Menschen zu gesundheitlichen Schäden und Abhängigkeit führen kann.“Aus diesem Grund werde gleichzeitig mit der Legalisierung der Gesundheitsschutz verschärft und die Aufklärungs- und Präventionsarbeit deutlich gestärkt. „Für konsumierende Jugendliche werden flächendeckende Frühinterventionsangebote eingeführt und Beratungs- und Behandlungsangebote ausgebaut“, so Reinalter.
Derweil spricht sich Josef Rief (CDU) gegen eine Legalisierung aus: „Auch ohne dass uns ein Gesetzentwurf der Ampel vorliegt, bestärken mich die aktuellen Diskussionen, an meiner Ablehnung der CannabisFreigabe
festzuhalten.“Auch Untersuchungen aus anderen Staaten, die Cannabis legalisiert oder entkriminalisiert haben, bereiten Rief Sorge: So liege in Kanada der Anteil der 20bis 24-jährigen Konsumenten bei 51 Prozent. Rief ist zudem überzeugt, dass sich „der Schwarzmarkt nicht einfach in Luft auflösen“werde. Denn auch wenn es nur eine legale Abgabe an Erwachsene geben solle, werde die Nachfrage von unter 18Jährigen weiterhin vorhanden sein. „Es ist gleichermaßen naiv wie absurd zu glauben, dass Steuermehreinnahmen automatisch der Prävention zugutekämen“, sagt Rief. Denn zunächst kämen sie in den allgemeinen Steuertopf. „Und ich halte es schon für perfide, erst den Konsum anzuheizen, um dann die daraus resultierenden Probleme mit dem gewonnenen Geld lösen zu wollen“, fährt Rief fort. Außerdem kritisiert er Überlegungen von Gesundheitsminister Lauterbach, die Preise für lizenzierte Cannabis-Produkte notfalls steuern zu wollen, damit sie nicht die Schwarzmarktpreise übersteigen. Rief weist zudem auf die Gesundheitsgefahren hin, die gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden durch Cannabiskonsum hervorgerufen werden. Er dränge zudem bei einer Cannabis-Legalisierung darauf, Kinder und Jugendliche vor dem passiven Konsum zu schützen. Dies zu gewährleisten, sei unmöglich, so Rief. Eine Ausnahme bei seiner Ablehnung macht Rief lediglich bei „Medizinalcannabis, der aus therapeutischen Gründen eingesetzt wird“.