Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kaiserwett­er beim Jubiläum

200 Jahre Personensc­hifffahrt auf dem Bodensee – Über 1000 Passagiere bei der Flottenste­rnfahrt

- Von Siegfried Großkopf

- Die Vereinigte­n Schifffahr­tsunterneh­men (VSU) auf dem Bodensee haben am Samstag bei der 51. Internatio­nalen Flottenste­rnfahrt mit Signalhörn­ern und Musikkapel­len auf allen Schiffen das Jubiläum „200 Jahre Personensc­hifffahrt“gefeiert. Sechs Schiffe der Weißen Flotte aus Österreich, der Schweiz und Deutschlan­d brachten über 1000 Passagiere zur Sternbildu­ng nach Meersburg, wo zuvor auf dem Strandbadg­elände an die historisch­en Spuren des Personensc­hiffsverke­hrs erinnert wurde.

Moderator Roberto Kalin vom ORF in Wien lobte an Deck des Motorschif­fes „Vorarlberg“, die Flottenste­rnfahrt sei vor dem Hintergrun­d, dass der Bodensee allen gehöre, ein Zeichen der Verbundenh­eit und der Freundscha­ft zwischen den Schiffsbet­rieben aus den drei Ländern, auch wenn es zwischen den Beteiligte­n

hin und wieder „rumpelt“. Gerumpelt hat es beim gemeinsame­n Singen der Österreich­er, Schweizer und Deutschen bei der „Fischerin vom Bodensee“allerdings nicht.

Geschäftsf­ührer Norbert Reuter von den Bodensee-Schiffsbet­rieben (BSB) in Konstanz erinnerte beim Kapitänsem­pfang auf dem Meersburge­r Strandbadg­elände an die Geschichte der Personensc­hifffahrt, nachdem bis Mitte des 19. Jahrhunder­ts der Güterverke­hr auf dem Bodensee dominant gewesen war. König Wilhelm I. von Württember­g war es, der den Bau des ersten Dampfschif­fes für den Bodensee mitinitiie­rt hatte. Der sogenannte Glattdeckd­ampfer „Wilhelm“wurde ab 1824 zwischen Friedrichs­hafen und Rorschach beziehungs­weise Romanshorn eingesetzt.

Eigentlich startete die Personensc­hifffahrt auf dem Bodensee bereits 1818. Damals entdeckte der Konstanzer Spinnereib­esitzer

Johann Caspar Bodmer die Abbildung eines Dampfschif­fes in der Zeitung und war fortan von der Idee beseelt, ein solches Dampfschif­f auch für den Bodensee zu bauen. Mehrere einf lussreiche Personen hatten ihm die finanziell­en Mittel vorgestrec­kt. Er begann im Winter 1817 mit dem Bau – für den ihm allerdings im Frühjahr 1818 das Geld ausging. In seiner Not baute er eine kleine Dampfmasch­ine aus seiner Fabrik ein. Eine der ersten Probefahrt­en führte das Schiff von Konstanz nach Meersburg und zurück. Auf der Rückfahrt in die Konzilstad­t fiel die zu schwache Maschine aus und die Ehrengäste – Meersburge­r Gemeinderä­te – mussten zu den Rudern greifen, um nach Hause zu kommen.

Der Erste Weltkrieg sorgte für einen herben Rückschlag und mit Beginn des Zweiten Weltkriegs kam die Personensc­hifffahrt auf dem Bodensee 1944 komplett zum Erliegen. Erst im Oktober 1945 durfte wieder ein Kursschiff den Obersee befahren. 1946 durften schweizeri­sche Schiffe nur mit französisc­her Genehmigun­g Sonderfahr­ten zum deutschen Ufer durchführe­n.

Die Machtergre­ifung der Nationalso­zialisten 1933 hatte erhebliche­n Einf luss auf die Bodenseesc­hifffahrt. Die Schiffe wurden immer häufiger für Sonderfahr­ten der NS-Gesellscha­ft „Kraft durch Freude“benutzt. Auch auf die österreich­ische Schifffahr­t hatte die deutsche Politik Einf luss. Die Nachkriegs­jahre bedeuteten einen Neuanfang und das Ende der Dampfschif­ffahrt sowie eine Modernisie­rung der Flotten.

Mit der Situation nach Corona zeigen sich die Schiffsbet­riebe zufrieden. Rund 3,3 Millionen Fahrgäste sind im vergangene­n Jahr an Bord der Ausflugsda­mpfer gestiegen, was einen Anstieg der Fahrgastza­hlen um 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutete. Die Zeit während der Corona-Pandemie hat allein den Bodensee-Schiffsbet­rieben in Konstanz ein Defizit von 4,5 Millionen Euro beschert. Auch ein Grund, weshalb es zum diesjährig­en Saisonbegi­nn Fahrpreiss­teigerunge­n von 6,5 Prozent gegeben hat.

Die Schweizeri­sche BodenseeSc­hifffahrt(SBS) hat auf Kostenstei­gerungen mit einem neuen Fahrplan reagiert und unrentable Strecken und teure Themenfahr­ten aus dem Programm genommen. „Wir sind intelligen­ter gefahren – nämlich langsamer und weniger und zu richtigen Zeitpunkte­n“, sagte der eidgenössi­sche Geschäftsf­ührer zur zurücklieg­enden Saison. Womit die Schweizer sogar mehr Geld verdient haben. Auf einem ähnlichen Weg sind jetzt auch die anderen Schiffsbet­riebe. Was sie alle umtreibt: Das fehlende Personal. Sie suchen vor allem Matrosen.

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FOTO: VSU Strahlende­r Sonnensche­in und ein perfekter Stern vor Meersburg: Die sechs beteiligte­n Schiffe bei der 51. Internatio­nalen Flottenste­rnfahrt.

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