Schwäbische Zeitung (Biberach)
Eine Gemeinde kämpft um ihren Dorfladen
„Kauflädele“in Attenweiler schließt – Gemeinde will Verein gründen
- Seit einiger Zeit hängt der weiße Zettel in der Tür zum „Kauf lädele“in Attenweiler. „Wir machen zu!“, verkündet er, und das zum Ende diesen Monats. Diese Meldung hat in der Gemeinde viele bewegt. Das wurde deutlich, als Bürgermeister Roland Grootherder zu einer Bürgerversammlung einlud, um Ideen zu sammeln, wie sie den Laden retten könnten. Rund 80 Menschen haben sich dafür in der Sporthalle eingefunden und versucht Lösungen zu finden.
Auf die Frage, wie lange es den Laden jetzt gegeben hatte, antwortete eine Bürgerin bei der Versammlung voller Inbrunst „Schon immer“. 2016 drohte er schon einmal zu schließen. Damals entschieden sich Herbert Schnell und Roland Wild das Geschäft zu übernehmen. Doch nun müssen auch sie einen Schlusstrich ziehen, erklärten sie am Rande der Bürgerversammlung.
Das „Kauflädele“lohne sich nicht mehr, seit zwei Jahren würden sie draufzahlen. „Das hat nichts mit der Kundschaft zu tun oder mit dem Personal“, versicherte Schnell, sondern es seien rein finanzielle Gründe. „Es tut uns furchtbar leid für die Stammkunden“, ergänzte Wild, „aber nur die Stammkunden reichen halt nicht“.
Mit der Nachricht, dass sie den Laden schließen werden, begannen die Überlegungen, wie man ihn retten könnte. Eine Zeit lang
hatte Daniel Haller überlegt, das Geschäft weiterzuführen. Ihm gehört das Haus, in dem der Laden ist, er wohnt mit seiner Familie oben drüber. „Ich hab es schon als Junge super gefunden, dass man da einkaufen kann“, erklärte er. Der Laden sei ihm sehr wichtig. Nur hat er schon einen Job, führt ein Ingenieurbüro in Biberach, mit Lebensmittelhandel kenne er sich nicht aus. Wenn er auf die Expertise der Mitarbeiterinnen hätte zählen können, dann ja. Doch die hatten bereits neue Jobs gefunden.
„Das war mein K.O.-Kriterium.“Nun blieben zwei Möglichkeiten, erklärte Bürgermeister Grootherder den Bürgern: Die Gründung einer Genossenschaft oder eines Vereins. Beide Modelle gebe es bei vielen Dorfläden in der Region bereits, etwa in Aßmannshardt oder Uttenweiler. Im Laufe der Diskussion kristallisierte sich eine Vereinsorganisation als einfacher heraus. Aber auch dafür brauche es Leute, die in diesem Verein Verantwortung übernehmen möchten. In knapp zwei
Wochen will Grootherder noch einmal zu einem Treffen einladen, mit denen, die sich genau das vorstellen können.
„Mit so einem Lädele wird man nicht reich“, gestand er den interessierten Bürgern auch. „Aber man kann es auch so sehen: Durch so ein Lädele sind wir alle bereichert.“Ohne Nahversorgung sterbe das Dorf aus. Und der Laden sei auch wichtig um Kontakte zu pf legen. Deswegen wäre eine Lösung mit Verkaufsautomaten nicht ideal. „Mit einem Automaten
kann ich mich nicht unterhalten“, sagte Grootherder. „Und wenn man nur über den Bürgermeister lästert, aber es muss sein.“
Das geschehe derzeit in der Gemeinde, erklärte er. Seinen Einsatz für den Laden sähen einige kritisch, schließlich sei es ein Privatunternehmen und er würde mit Steuergeldern bezahlt. Er sieht es aber als seine Aufgabe an. „Wenn ein Bürgermeister da nicht das Ohr am Boden hat, dann können Sie ihn abwählen“, meinte er. „Ich kann ja nicht hier rumlaufen und sagen: Was interessiert mich das Kauf lädele?“Auch im kommenden Verein wolle er sich weiter engagieren, als Roland Grootherder privat, nicht als Bürgermeister.
Bis es so weit ist, und der Laden mit einem Verein weitergeführt werden könnte, gibt es erst einmal eine Zwischenlösung in Attenweiler. Die Metzgerei werde ihr Sortiment etwas aufstocken, zwei Mal die Woche soll eine Bäckerei den Ort mit frischen Backwaren versorgen. Und in einigen Jahren soll schräg gegenüber der Kirche die „Neue Mitte“stehen – das zumindest plant ein Investor derzeit. Da soll dann auch ein neuer Laden rein. Trotzdem müsse man das „Kauflädele“bis dahin retten, findet Grootherder und erntete dafür Zustimmung unter den anwesenden Bürgern. „Es gibt viele gute Möglichkeiten, aber wir müssen zusammenhalten“, forderte der Bürgermeister von ihnen.