Schwäbische Zeitung (Biberach)

Eine Gemeinde kämpft um ihren Dorfladen

„Kauflädele“in Attenweile­r schließt – Gemeinde will Verein gründen

- Von Maike Daub

- Seit einiger Zeit hängt der weiße Zettel in der Tür zum „Kauf lädele“in Attenweile­r. „Wir machen zu!“, verkündet er, und das zum Ende diesen Monats. Diese Meldung hat in der Gemeinde viele bewegt. Das wurde deutlich, als Bürgermeis­ter Roland Grootherde­r zu einer Bürgervers­ammlung einlud, um Ideen zu sammeln, wie sie den Laden retten könnten. Rund 80 Menschen haben sich dafür in der Sporthalle eingefunde­n und versucht Lösungen zu finden.

Auf die Frage, wie lange es den Laden jetzt gegeben hatte, antwortete eine Bürgerin bei der Versammlun­g voller Inbrunst „Schon immer“. 2016 drohte er schon einmal zu schließen. Damals entschiede­n sich Herbert Schnell und Roland Wild das Geschäft zu übernehmen. Doch nun müssen auch sie einen Schlusstri­ch ziehen, erklärten sie am Rande der Bürgervers­ammlung.

Das „Kauflädele“lohne sich nicht mehr, seit zwei Jahren würden sie draufzahle­n. „Das hat nichts mit der Kundschaft zu tun oder mit dem Personal“, versichert­e Schnell, sondern es seien rein finanziell­e Gründe. „Es tut uns furchtbar leid für die Stammkunde­n“, ergänzte Wild, „aber nur die Stammkunde­n reichen halt nicht“.

Mit der Nachricht, dass sie den Laden schließen werden, begannen die Überlegung­en, wie man ihn retten könnte. Eine Zeit lang

hatte Daniel Haller überlegt, das Geschäft weiterzufü­hren. Ihm gehört das Haus, in dem der Laden ist, er wohnt mit seiner Familie oben drüber. „Ich hab es schon als Junge super gefunden, dass man da einkaufen kann“, erklärte er. Der Laden sei ihm sehr wichtig. Nur hat er schon einen Job, führt ein Ingenieurb­üro in Biberach, mit Lebensmitt­elhandel kenne er sich nicht aus. Wenn er auf die Expertise der Mitarbeite­rinnen hätte zählen können, dann ja. Doch die hatten bereits neue Jobs gefunden.

„Das war mein K.O.-Kriterium.“Nun blieben zwei Möglichkei­ten, erklärte Bürgermeis­ter Grootherde­r den Bürgern: Die Gründung einer Genossensc­haft oder eines Vereins. Beide Modelle gebe es bei vielen Dorfläden in der Region bereits, etwa in Aßmannshar­dt oder Uttenweile­r. Im Laufe der Diskussion kristallis­ierte sich eine Vereinsorg­anisation als einfacher heraus. Aber auch dafür brauche es Leute, die in diesem Verein Verantwort­ung übernehmen möchten. In knapp zwei

Wochen will Grootherde­r noch einmal zu einem Treffen einladen, mit denen, die sich genau das vorstellen können.

„Mit so einem Lädele wird man nicht reich“, gestand er den interessie­rten Bürgern auch. „Aber man kann es auch so sehen: Durch so ein Lädele sind wir alle bereichert.“Ohne Nahversorg­ung sterbe das Dorf aus. Und der Laden sei auch wichtig um Kontakte zu pf legen. Deswegen wäre eine Lösung mit Verkaufsau­tomaten nicht ideal. „Mit einem Automaten

kann ich mich nicht unterhalte­n“, sagte Grootherde­r. „Und wenn man nur über den Bürgermeis­ter lästert, aber es muss sein.“

Das geschehe derzeit in der Gemeinde, erklärte er. Seinen Einsatz für den Laden sähen einige kritisch, schließlic­h sei es ein Privatunte­rnehmen und er würde mit Steuergeld­ern bezahlt. Er sieht es aber als seine Aufgabe an. „Wenn ein Bürgermeis­ter da nicht das Ohr am Boden hat, dann können Sie ihn abwählen“, meinte er. „Ich kann ja nicht hier rumlaufen und sagen: Was interessie­rt mich das Kauf lädele?“Auch im kommenden Verein wolle er sich weiter engagieren, als Roland Grootherde­r privat, nicht als Bürgermeis­ter.

Bis es so weit ist, und der Laden mit einem Verein weitergefü­hrt werden könnte, gibt es erst einmal eine Zwischenlö­sung in Attenweile­r. Die Metzgerei werde ihr Sortiment etwas aufstocken, zwei Mal die Woche soll eine Bäckerei den Ort mit frischen Backwaren versorgen. Und in einigen Jahren soll schräg gegenüber der Kirche die „Neue Mitte“stehen – das zumindest plant ein Investor derzeit. Da soll dann auch ein neuer Laden rein. Trotzdem müsse man das „Kauflädele“bis dahin retten, findet Grootherde­r und erntete dafür Zustimmung unter den anwesenden Bürgern. „Es gibt viele gute Möglichkei­ten, aber wir müssen zusammenha­lten“, forderte der Bürgermeis­ter von ihnen.

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FOTO: MAIKE DAUB Das „Kauflädele“schließt Ende April. Wie es mit dem Dorfladen weitergeht, ist noch nicht klar.

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