Fiasko für Europa
Sie haben gepokert, sie haben geblufft. Zu keinem Zeitpunkt hatte Griechenlands linksradikale Regierung tatsächlich etwas in der Hand. Selbstgefällig und vordergründig arrangierten der Finanzminister und der Regierungschef ihre Auftritte vor den Kameras in Athen, Brüssel oder sonst wo. Dabei ging es nicht um die griechischen Interessen, sondern um das selbstverliebte Ego von Männern, die sich als Popstars im Kampf gegen das weltweite neoliberale Establishment verstehen. Deshalb wurden unter anderem Hilfszusagen als „Erniedrigungen“zurückgewiesen. Jetzt sind beide krachend gescheitert.
Premier Tsipras belegt seine politische Unfähigkeit und Feigheit mit der Ansetzung einer Volksabstimmung, die einem Versteckspiel gleichkommt. Trotz des Auftrages zu regieren, haben sie gedaddelt, sich dabei kräftig verzockt und nun, wo nichts mehr geht, soll das Volk über etwas entscheiden, das gar nicht mehr zur Wahl steht.
Schlimm für Europa und Deutschland, dass es hierzulande Politiker gibt, die dieses manipulative Verhalten auch noch als demokratisch bezeichnen. Bitte keine linke Legendenbildung: Griechenland hat enorme Hilfsbereitschaft und europäische Solidarität erfahren. Doch selbst Frankreichs sozialistische Regierung hat die Nase mittlerweile von der Destruktivität Athens gestrichen voll. Niemand in Brüssel wollte die Isolierung des EU-Partners, in die Premier Tsipras sein Land mutwillig gesteuert hat. Doch jetzt ist sie da, und das Scheitern der Hilfspolitik bedeutet für die Europäische Union mehr als nur eine schwere Krise. Sie stellt den schwersten Rückschlag seit Beginn des europäischen Einigungsprozesses dar.
Ein „weiter so“bei zukünftigen Problemen innerhalb und rund um die EU wird deshalb nicht funktionieren. Es muss eine Reformagenda her. Das Ende der griechischen Illusion und die britische Reserviertheit gegenüber Brüssel sowie das europaweite Aufkommen rechtspopulistischer Parteien sollten Anlass genug sein, eine solche Debatte zügig zu starten.