Die Tötung neu definieren
Expertengruppe legt Reform der Strafvorschriften vor
KARLSRUHE/BERLIN (dpa) - „Mord lohnt sich nicht“, heißt es, und tatsächlich ist die Aufklärungsquote bei Tötungsdelikten mit über 90 Prozent sehr hoch. Die Vorschriften, nach denen Täter bestraft werden, sollen reformiert werden. Dazu will eine von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eingesetzte Expertengruppe am heutigen Montag ihren Bericht vorlegen.
Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen Mord und Totschlag: Als Mörder ist demnach zu bestrafen, wer einen Menschen mit Methoden oder aus Motiven heraus tötet, die die Gesellschaft besonders ablehnt. Das Strafgesetzbuch kleidet diese Anforderungen in sogenannte Mordmerkmale: Mörder ist demnach, wer etwa „aus Habgier“tötet, „heimtückisch oder grausam“oder „aus niedrigen Beweggründen“.
Die Formulierungen der Tötungsdelikte seien vom Ungeist der Nazizeit geprägt, sagen Kritiker. So stammen die heutigen Normen zum Teil aus der Feder des Staatssekretärs im NS-Reichsjustizministerium und späteren Präsidenten des Volksgerichtshofes, Roland Freisler. Statt objektiver Maßstäbe beschrieben die Nazis 1941 einen Tätertypen, bestraften seine Gesinnung. Das sei mit dem modernen Strafrechtsverständnis nicht mehr vereinbar.
Vor allem wird bemängelt, dass der Mordparagraf die lebenslange Haft als einzige Strafe vorsieht. Ausnahmen sind nicht vorgesehen, auch wenn mindestens 15 Jahre Haft im Einzelfall als ungerecht empfunden werden. So etwa wenn ein Ehemann seine todkranke Frau aus Überforderung umbringt.
Als äußerst problematisch sehen viele Kritiker das Merkmal „Heimtücke“an. Als ein Beispiel fällt oft das Wort „Haustyrannenmord“: Klassiker ist die schwache Frau, die ihren brutalen Ehemann nach Jahren der Qual im Schlaf umbringt oder vergiftet und so mordet. Das geltende Recht benachteilige „die physisch Unterlegenen, und das sind oft Frauen“, kritisierte Justizminister Maas zum Auftakt der Beratungen der Expertengruppe im Mai vergangenen Jahres.
Was kann die Lösung aussehen? Es gibt unzählige Ideen. Vier Experten aus der Kommission haben unlängst vorgeschlagen, die vorsätzliche Tötung grundsätzlich als Mord zu qualifizieren, ohne weitere Merkmale, und dafür eine Haftstrafe zwischen 8 und 15 Jahren vorzusehen oder lebenslange Freiheitsstrafe.