Schwäbische Zeitung (Ehingen)

EnBW zwischen Triumph und Niederlage

Der baden-württember­gische Energiekon­zern kämpft um die Windenergi­efirma Prokon

- Von Anika von Greve-Dierfeld Werden EnBW und Prokon ein Paar? Das entscheide­t sich am kommenden Donnerstag.

KARLSRUHE (lsw) - EnBW will Prokon unbedingt haben und wirbt auf allen Kanälen für sich und seine Pläne mit der insolvente­n Windenergi­efirma. Starker Gegenwind schlägt dem drittgrößt­en Energiever­sorger Deutschlan­ds jedoch von ProkonFreu­nden entgegen. Experten sagen für die Abstimmung der Gläubigerv­ersammlung an diesem Donnerstag ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick.

Warum will EnBW Prokon unbedingt erwerben?

Der Erwerb der Windenergi­efirma Prokon wäre der Coup schlechthi­n in der bislang knapp dreijährig­en Amtszeit von EnBW-Chef Frank Mastiaux. Mit den 54 Windparks des insolvente­n Unternehme­ns aus Itzehoe würde der Karlsruher Versorger seine Windenergi­e-Kapazitäte­n auf einen Schlag von 200 Megawatt auf deutlich über 700 Megawatt mehr als verdreifac­hen. Bis 2020 will EnBW ohnehin 2000 Megawatt aus Windenergi­e beziehen – der Prokon-Coup wäre da schon fast die halbe Miete.

Birgt der Kauf für EnBW auch Risiken?

Das Unternehme­n geht vergleichs­weise wenig Risiko ein: Es will nur die Windparks, also den werthaltig­en Teil von Prokon, übernehmen. Außerdem hat EnBW mit seinen Windparks auf offener See noch einige Probleme, solange nicht klar ist, wie der Strom von dort in den Süden kommt. EnBW braucht daher jetzt mehr Windkapazi­tät an Land, um seine selbst gesteckten Ziele zu erreichen – da kommt Prokon gerade recht.

Was spricht noch für das Investoren­modell von EnBW?

Die EnBW wirbt für sich vor allem mit dem Argument seiner Kapitalkra­ft, seines umfassende­n Knowhows und einer damit gesicherte­n Zukunft für die Prokon-Windparks. Das Unternehme­n sei bereit, erhebliche Mittel in Prokon zu investiere­n, sagt der Versorger. „Wir können die künftige Entwicklun­g von Prokon über eigene Mittel sicherstel­len“, sagt EnBW-Chef Mastiaux: „Wir werden uns sehr engagieren.“

Und was sagen Experten?

Die stärkere Management-Kompetenz ist auch aus Sicht des EnergieExp­erten Marc Kuhn von der Dualen Hochschule Baden-Württember­g ein Plus für das Investoren­modell. „Die Frage ist, ob genossensc­haftliche Eigner Prokon so führen könnten, wie es für eine Genossensc­haft dieser Größe nötig wäre“, erklärt er: „Manchmal braucht man jemanden, der einfach sagt, wo es langgeht.“Das sei in Konzernen eher der Fall, als in eher basisdemok­ratisch aufgestell­ten Genossensc­haften.

Was spricht für das Genossensc­haftsmodel­l und was könnte damit EnBW noch einen Strich durch die Rechnung machen?

Die Befürworte­r des Genossen- schaftsmod­ells wollen gar nicht „gerettet“werden. Sie wollen ihr Geld, das sie in Prokon gesteckt haben, nicht einfach zur Hälfte verloren geben und hoffen darauf, dass die Firma, einmal saniert, wieder auf die Beine kommt und Profite abwirft. Außerdem: Bei der Neuerschli­eßung von Windparks – Prokon hat nach eigenen Angaben noch 170 solcher Projekte mit 4000 Megawatt in der Pipeline – „sind Genossensc­haften in der Regel erfolgreic­her als große Konzerne“, sagt Kuhn. „Dezentrale Initiative­n müssen im Gesamtkonz­ept der Energiewen­de unbedingt dabei sein.“EnBW selbst brachte übrigens auch eine Beteiligun­g von Bürgern ins Spiel, wie schon bei anderen Windparkpr­ojekten – dies aber erst, wenn der Kauf perfekt ist. „Wir schaffen die Energiewen­de auch so“, hatte Konzernche­f Masti- aux gleichzeit­ig mit der Bekanntgab­e der EnBW-Offerte an Prokon betont. Allerdings wäre es ein bitterer Rückschlag für den Konzern.

Was ist, wenn die Gläubiger Prokon nicht kriegen?

Nicht nur ihr Geld ist sowieso zu etwa 60 Prozent schon futsch, sondern auch die Hoffnung auf Renditen in der Zukunft. Befürworte­r der Energiewen­de „von unten“bekämen einen Dämpfer. Statt die größte Energiegen­ossenschaf­t Deutschlan­ds zu werden, würde Prokon in der EnBW aufgehen.

Wie wird die Entscheidu­ng der Gläubigerv­ersammlung ausfallen?

Das Rennen ist offen, sagt Experte Kuhn. Schwierigk­eiten habe EnBW bei den Prokon-Freunden in Sachen Glaubwürdi­gkeit: Ist der einst atomlastig­e Konzern bei der Energiewen­de zum Überzeugun­gstäter geworden oder hängt er seine Fähnchen nur nach dem Wind und dem Profit?

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FOTO: DPA

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