EnBW zwischen Triumph und Niederlage
Der baden-württembergische Energiekonzern kämpft um die Windenergiefirma Prokon
KARLSRUHE (lsw) - EnBW will Prokon unbedingt haben und wirbt auf allen Kanälen für sich und seine Pläne mit der insolventen Windenergiefirma. Starker Gegenwind schlägt dem drittgrößten Energieversorger Deutschlands jedoch von ProkonFreunden entgegen. Experten sagen für die Abstimmung der Gläubigerversammlung an diesem Donnerstag ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Warum will EnBW Prokon unbedingt erwerben?
Der Erwerb der Windenergiefirma Prokon wäre der Coup schlechthin in der bislang knapp dreijährigen Amtszeit von EnBW-Chef Frank Mastiaux. Mit den 54 Windparks des insolventen Unternehmens aus Itzehoe würde der Karlsruher Versorger seine Windenergie-Kapazitäten auf einen Schlag von 200 Megawatt auf deutlich über 700 Megawatt mehr als verdreifachen. Bis 2020 will EnBW ohnehin 2000 Megawatt aus Windenergie beziehen – der Prokon-Coup wäre da schon fast die halbe Miete.
Birgt der Kauf für EnBW auch Risiken?
Das Unternehmen geht vergleichsweise wenig Risiko ein: Es will nur die Windparks, also den werthaltigen Teil von Prokon, übernehmen. Außerdem hat EnBW mit seinen Windparks auf offener See noch einige Probleme, solange nicht klar ist, wie der Strom von dort in den Süden kommt. EnBW braucht daher jetzt mehr Windkapazität an Land, um seine selbst gesteckten Ziele zu erreichen – da kommt Prokon gerade recht.
Was spricht noch für das Investorenmodell von EnBW?
Die EnBW wirbt für sich vor allem mit dem Argument seiner Kapitalkraft, seines umfassenden Knowhows und einer damit gesicherten Zukunft für die Prokon-Windparks. Das Unternehmen sei bereit, erhebliche Mittel in Prokon zu investieren, sagt der Versorger. „Wir können die künftige Entwicklung von Prokon über eigene Mittel sicherstellen“, sagt EnBW-Chef Mastiaux: „Wir werden uns sehr engagieren.“
Und was sagen Experten?
Die stärkere Management-Kompetenz ist auch aus Sicht des EnergieExperten Marc Kuhn von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg ein Plus für das Investorenmodell. „Die Frage ist, ob genossenschaftliche Eigner Prokon so führen könnten, wie es für eine Genossenschaft dieser Größe nötig wäre“, erklärt er: „Manchmal braucht man jemanden, der einfach sagt, wo es langgeht.“Das sei in Konzernen eher der Fall, als in eher basisdemokratisch aufgestellten Genossenschaften.
Was spricht für das Genossenschaftsmodell und was könnte damit EnBW noch einen Strich durch die Rechnung machen?
Die Befürworter des Genossen- schaftsmodells wollen gar nicht „gerettet“werden. Sie wollen ihr Geld, das sie in Prokon gesteckt haben, nicht einfach zur Hälfte verloren geben und hoffen darauf, dass die Firma, einmal saniert, wieder auf die Beine kommt und Profite abwirft. Außerdem: Bei der Neuerschließung von Windparks – Prokon hat nach eigenen Angaben noch 170 solcher Projekte mit 4000 Megawatt in der Pipeline – „sind Genossenschaften in der Regel erfolgreicher als große Konzerne“, sagt Kuhn. „Dezentrale Initiativen müssen im Gesamtkonzept der Energiewende unbedingt dabei sein.“EnBW selbst brachte übrigens auch eine Beteiligung von Bürgern ins Spiel, wie schon bei anderen Windparkprojekten – dies aber erst, wenn der Kauf perfekt ist. „Wir schaffen die Energiewende auch so“, hatte Konzernchef Masti- aux gleichzeitig mit der Bekanntgabe der EnBW-Offerte an Prokon betont. Allerdings wäre es ein bitterer Rückschlag für den Konzern.
Was ist, wenn die Gläubiger Prokon nicht kriegen?
Nicht nur ihr Geld ist sowieso zu etwa 60 Prozent schon futsch, sondern auch die Hoffnung auf Renditen in der Zukunft. Befürworter der Energiewende „von unten“bekämen einen Dämpfer. Statt die größte Energiegenossenschaft Deutschlands zu werden, würde Prokon in der EnBW aufgehen.
Wie wird die Entscheidung der Gläubigerversammlung ausfallen?
Das Rennen ist offen, sagt Experte Kuhn. Schwierigkeiten habe EnBW bei den Prokon-Freunden in Sachen Glaubwürdigkeit: Ist der einst atomlastige Konzern bei der Energiewende zum Überzeugungstäter geworden oder hängt er seine Fähnchen nur nach dem Wind und dem Profit?