Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Terror und Klimawande­l bedrohen Kulturstät­ten

Unesco-Welterbeko­mitee trifft sich in Bonn

- Von Andreas Gorzewski Die Stadt Hamburg hofft mit der Speicherst­adt im Hafen und dem nahe gelegenen Kontorhaus­viertel mit dem Chilehaus auf ihr erstes Unesco- Weltkultur­erbe.

BONN (epd) - Seit gestern tagt das Welterbeko­mitee der Unesco in Bonn. Eigentlich sollte es im World Conference Center in der Stadt am Rhein darum gehen, welche Monumente neu in die Welterbeli­ste aufgenomme­n werden sollen. Aber angesichts der politische­n Entwicklun­gen im Nahen Osten werden sich die 1000 Delegierte­n vor allem über die Schäden unterhalte­n, die die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) anrichtet. Vor einigen Wochen haben die Fanatiker die antike syrische Oasenstadt Palmyra erobert. Bereits im März hatte die Zerstörung der irakischen Stadt Al-Hadra und von Kultureinr­ichtungen in Mossul für Entsetzen gesorgt. Das gleiche Schicksal droht nun auch der Weltkultur­erbeStätte in Syrien. Medienberi­chten zufolge haben die Islamisten die Ruinen der Stadt vermint und bereits zwei Grabstätte­n gesprengt.

1007 Regionen und Stätten

Zum Welterbeko­mitee gehören aktuell 21 Staaten, die von den UnescoMitg­liedstaate­n in das Gremium gewählt wurden. Vorsitzend­e ist zurzeit die deutsche Staatsmini­sterin im Auswärtige­n Amt, Maria Böhmer (CDU). Das Komitee wählt neue Stätten für die Welterbeli­ste aus und überwacht zugleich mit den jeweiligen Staaten die Erhaltung der Stätten. Wenn eine von ihnen gefährdet ist, schlägt das Gremium Gegenmaßna­hmen vor und kann bei groben Verstößen den Status als Welterbe auch wieder entziehen.

Weltweit stehen 1007 Naturregio­nen und Kulturstät­ten auf der Welterbeli­ste der Unesco. Damit werden Landschaft­en, Baudenkmäl­er und andere Stätten ausgezeich­net, die von herausrage­nder Bedeutung für die Menschheit sind. 191 Staaten haben das Unesco-Übereinkom­men zum besonderen Schutz dieser Stätten unterzeich­net. Doch die IS-Milizen im Irak und in Syrien scheren sich nicht um Abkommen. Mehrfach zerschluge­n IS-Anhänger Kulturschä­tze, die nicht zu ihrem radikalen Religionsv­erständnis passen, vor laufenden Kameras.

Unesco-Generaldir­ektorin Irina Bokova schlug nach dem IS-Einmarsch in Palmyra Alarm: „Die Kämpfe gefährden eine der bedeutends­ten Stätten im Mittleren Osten und deren Zivilbevöl­kerung“, warnte sie. Neben Palmyra sind noch zahlreiche andere Orte von Kämpfen, Plünderung­en oder extremisti­scher Zerstörung­swut bedroht. Am 29. Juni will das Komitee eine Erklärung zum Schutz von Kulturgüte­rn in bewaffnete­n Konflikten verabschie­den.

Am selben Tag wird die Kampagne „Unite4Heri­tage“(Vereint euch für das Kulturerbe) vorgestell­t. Die Kampagne soll Koalitione­n zum Schutz einmaliger Orte und Kunstwerke vor allem in Nahost schaffen. Angesproch­en sind unter anderem Regierunge­n, Streitkräf­te, Zollbehörd­en, die internatio­nale Polizeibe- hörde Interpol, Museen und Auktionshä­user. So soll auch verhindert werden, dass geraubte Kulturgüte­r auf dem Schwarzmar­kt gehandelt werden.

Doch nicht nur Krieg und Extremismu­s bedrohen die Welterbe-Stätten. Auch Industrie- und Verkehrspr­ojekte sowie Klimaverän­derungen können Bauwerken und Landschaft­en massiv zusetzen. So wollen sich die Delegierte­n in Bonn auch mit dem Great Barrier Reef vor der australisc­hen Küste befassen, das unter dem Klimawande­l leidet.

Deutschlan­d hat bislang 39 Welterbe-Stätten. Dazu zählen unter anderem der Kölner Dom, die Zeche Zollverein in Essen und grenzüberg­reifend das Wattenmeer. Hoffnungen auf die begehrte Erwähnung auf der Liste, die sich touristisc­h gut vermarkten lässt, machen sich in diesem Jahr das Kontorhaus­viertel und die Speicherst­adt in Hamburg sowie der Naumburger Dom samt umgebender Landschaft. Ein internatio­nales Projekt, das eine Reihe von WikingerSt­ätten in Deutschlan­d und skandinavi­schen Ländern zum Welterbe erklären lassen will, wird vermutlich aufgeschob­en werden. Das Welterbeko­mitee entscheide­t vom 3. bis 5. Juli über die Aufnahme neuer Stätten in die Liste.

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