Der Mensch ist eigentlich nur Deko
Extreme Trails: Auf den Abenteuerspielplätzen für Pferde werden Trittsicherheit und Gelassenheit trainiert
AUERBACH (dpa) - Es geht kreuz und quer über schiefliegende Äste und Holzstämme, über eine Treppe oder sogar eine schwankende Hängebrücke: Viele Pferdebesitzer probieren sich mittlerweile an sogenannten Extreme Trails. Sie wollen damit Trittsicherheit und Gelassenheit bei Ausritten fördern.
Vorsichtig setzt Matti einen Huf vor den anderen. Das Fjordpferd hält die Nase tief über den Boden und sucht sich seinen Weg über die kreuz und quer liegenden Äste selbst. Mattis Besitzerin Sabine Banczyk lobt ihr Pferd und führt es weiter. Die beiden probieren sich an einem sogenannten Extreme Trail im oberpfälzischen Auerbach. Dabei gilt es, die verschiedensten Übungen zu absolvieren: Vom Stangen-Mikado über Gräben oder Wasserstellen bis zu einer wackelnden Hängebrücke. Der Sinn des Ganzen: Die Trittsicherheit und das Gleichgewicht der Pferde trainieren und das Vertrauen zwischen Mensch und Tier stärken.
„Ich bin viel mit Matti im Gelände unterwegs, mache Wanderritte und so etwas“, erzählt die 35-jährige Pferdebesitzerin. Dafür trainiert sie hier. „Die Schwierigkeit ist vor allem, dass das Pferd auf dem Hindernis in der Mitte bleibt und nicht zu einem rüber kommt“, erklärt sie. Um das zu verhindern, sollen die sieben Teilnehmer vor allem ihre Körpersprache einsetzen. „Das ist die Sprache, die Pferde am besten verstehen, denn so verständigen sie sich auch in der Herde“, erklärt Parcoursbesitzerin Katja Brendel. Die Menschen sollen lernen, ihre Pferde am langen Seil durch die Hindernisse dirigieren zu können. Ziehen und Zerren am Strick ist tabu.
„Der Mensch soll am Ende nur noch wenige Hilfen geben müssen. Er ist eigentlich nur noch zur Deko da, denn die Pferde sollen selbst nach dem besten Weg suchen“, ergänzt Brendels Mann Alex Lippert. Viele Reiter störten ihre Pferde jedoch eher, als dass sie ihnen helfen. „Die Reiter sollen lernen, einfach mal loszulassen“, sagt Brendel.
Doch nicht jeder Teilnehmer kommt sofort gut mit den knapp 90 natürlichen und gebauten Hindernissen auf der Anlage klar. Manche Pferde passen kaum auf ihre Besitzer auf oder rennen sie sogar um. Brendel hilft einer Frau mit einem eigensinnigen Haflinger. Das Tier läuft immer kurz vor dem Ende der Übung davon. Geduldig geht die 30-Jährige das Hindernis immer wieder mit dem Pferd durch. Ganz langsam, Schritt für Schritt, denn auf Geschwindigkeit kommt es nicht an. „Die Schwierigkeit an den Hindernissen ist, dass der Mensch jederzeit die Kontrolle behält. Er muss das Pferd jederzeit stoppen, drehen oder rückwärts richten können – also immer die Aufmerksamkeit haben“, erklärt Brendel.
Ganz billig ist das Vergnügen nicht. Ein Zwei-Tageskurs in Auerbach kostet 200 Euro. Dazu kommen Anfahrt und Übernachtung, denn viele Teilnehmer kommen von weit her. Genau das bedauert Wolfgang Schönberger von der Vereinigung der Freizeitreiter (VFD). „Viele Leute sind interessiert an solchen Kursen, aber das ist für viele zu kostspielig.“Gerade für viele Wanderreiter seien solche Übungen aber sehr sinnvoll, denn sie kämen auf ihren Routen immer wieder an knifflige Stellen, an denen das Pferd gelassen bleiben muss – „auch wenn es meist nicht gleich Hängebrücken sind“, sagt Schönberger.
Zehn Trails in Deutschland
Etwa zehn solcher Extreme Trails gibt es mittlerweile in Deutschland. Der 2011 eröffnete Park in Herbstein von Andrea Baumbach war nach ihren Angaben der erste dieser Art in Europa. Danach entstanden schnell weitere Parks. Die Extreme Trails stammen aus Amerika, ein Major Defoe vom Oregon Horse Center soll den ersten gehabt haben. Mit zwei anderen Anlagen inBayern sowie in SchleswigHolstein hat sich Baumbach inzwischen zur „German Extreme Trail Association“zusammengeschlossen. „Wir haben einige Qualitätsstandards aufgestellt. Wenn bei uns jemand in den Verband möchte, muss er ausgebildeter Trainer sein, und wir nehmen die Anlage vorher ab“, so Baumbach.