Rentenpapiere verlieren an Attraktivität
Staatsanleihen sind kein sicherer Hafen mehr – Alternativen werden immer interessanter
MÜNCHEN - Mitte Mai musste die Bundesregierung für ihre neuen zehnjährigen Bundesanleihen einen Zins von 0,65 Prozent bieten. Einen Monat zuvor waren es noch 0,13 Prozent. Die Renditen für die Papiere stiegen auf fast ein Prozent, dabei ist das Rekordtief von 0,05 Prozent noch gar nicht so lange her.
Was sich gut anhört, ist für Sparer mit älteren Bundesanleihen ein Graus. „Wenn die Zinsen nur ein kleines bisschen steigen, sind die Kursverluste bei solchen Papieren enorm“, warnt Claus Walter von der Freiburger Vermögensmanagement GmbH. Investoren kaufen lieber die neuen Anleihen mit dem höheren Zins und wollen die niedrig verzinsten Papiere loswerden. Beim letzten Crash verloren Bundesanleihen teilweise über vier Prozent an Wert. Mit einem Schlag wurde klar, dass steigende Zinsen die Zinsgewinne der letzten Jahre innerhalb von Minuten zunichtemachen können. Der Grund sind die gestiegenen Inflationserwartungen der Anleger. Viele rechnen mit dauerhaft höheren Zinsen.
Wer sein Geld besser anlegen will, sucht jetzt nach Alternativen. Die sollten deutlich mehr Zinsen bieten, um bei einem leichten Zinsanstieg nicht ebenso abzustürzen wie die Bundespapiere. „Konservative Anleger müssen sich breiter aufstellen“, sagt Andreas Glogger, Geschäftsführer der Glogger & Rogg Vermögensverwaltung GmbH in Krumbach. Allein auf Bundesanleihen zu setzen, sei dabei keine Alternative mehr. Dagegen böten Unternehmensanleihen von Firmen mit guter Bonität unter dem Strich noch positive Renditen.
Im März etwa lieh sich der Volkswagen Konzern 1,4 Milliarden Euro am Kapitalmarkt und zahlt dafür die nächsten 15 Jahre 3,5 Prozent Zinsen. Allerdings müssen Anleger in Sa- chen Sicherheit Abstriche machen. Den Aufschlag zahlt der Autohersteller, weil die Anleihe nachrangig besichert ist. Für Anleger bedeutet das: Geht Volkswagen Pleite, verlieren die Anleiheinhaber ihr Geld.
Auch Wandelanleihen hält er für eine Alternative mit einem gedämpften Risiko. „Vor allem wenn die Aktienkurse weiter so gut laufen, hat man die Möglichkeit, eine positive Rendite zu erwirtschaften“, so Glogger. Bei diesen Papieren kann die Anleihe während der Laufzeit in Aktien umgewandelt werden. Steigt der Kurs, ist das eine interessante Opti- on. Wird das Recht nicht ausgeübt, bekommt der Anleger seine Zinszahlungen und am Ende der Laufzeit sein Geld zurück.
Höheres Risiko gehen Anleger auch bei Anleihen ein, die ohne ein Rating an den Markt kommen. Bei einem solchen Rating beurteilen unabhängige Agenturen die Finanzkraft der ausgebenden Unternehmen und geben Anlegern so einen Anhaltspunkt für die Qualität. Einige Unternehmen sparen sich diese teuren Ratings, obwohl die Finanzkraft nicht automatisch schlechter ist als bei gerateten Firmen. Dennoch müssen sie oftmals einen Prozentpunkt mehr bieten, um Investoren die Papiere schmackhaft zu machen. „Anleger müssen hier selber die Bonität der Unternehmen beurteilen oder sich auf ihr Bauchgefühl verlassen“, sagt Claus Walter. Beides birgt für unerfahrene Anleger deutlich höhere Risiken. Wer die Auswahl anderen überlassen will, greift aber bei alternativen Anleihen besser zu Fonds.
Das gilt auch für Anleihen außerhalb des Euroraums. „Deutschland ist zwar nach wie vor erste Wahl“, sagt Vermögensverwalter Claus Walter, doch eine Beimischung von An- leihen aus stabilen Ländern sei auch für konservative Anleger nicht verkehrt. In den USA müssen die Regierung und selbst bonitätsstarke Unternehmen höhere Zinsen bezahlen als ihre europäischen Pendants. Das gilt auch für deutsche Konzerne, die Anleihen in US-Dollar auflegen. Siemens musste für seine jüngst aufgelegte zehnjährige Anleihe 3,25 Prozent bieten. „Anleger, die nicht ohnehin im Dollar investiert sein wollen, müssen dafür zusätzlich das Währungsrisiko eingehen oder absichern. Das kostet zusätzliche Rendite“, gibt Walter zu bedenken. Anleger haben in den letzten Jahren sehr stark auf Sicherheit gesetzt und Bundesanleihen gekauft. Dies hat die Rendite lang laufender Bundesanleihen auf wenige Promille abschmelzen lassen. Sobald sich nun die Erwartung auf eine Trendumkehr am Rentenmarkt, etwa durch gute Konjunktur oder Inflationsdaten, breitmacht, kann dies erhebliche Auswirkungen haben.
Wie geht es weiter an den Rentenmärkten?
Dieses Auf und Ab dürfte in den kommenden Monaten weiter anhalten. Darum haben wir selbst für unsere konservativ ausgerichteten Anleger derzeit keine Bundesanleihen mehr allokiert.