Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Rentenpapi­ere verlieren an Attraktivi­tät

Staatsanle­ihen sind kein sicherer Hafen mehr – Alternativ­en werden immer interessan­ter

- Von Alexander Heintze Der jüngste Crash bei den Staatsanle­ihen muss auch dem letzten sicherheit­sorientier­ten Anleger die Augen geöffnet haben. Viel ist bei Rentenpapi­eren nicht mehr zu holen.

MÜNCHEN - Mitte Mai musste die Bundesregi­erung für ihre neuen zehnjährig­en Bundesanle­ihen einen Zins von 0,65 Prozent bieten. Einen Monat zuvor waren es noch 0,13 Prozent. Die Renditen für die Papiere stiegen auf fast ein Prozent, dabei ist das Rekordtief von 0,05 Prozent noch gar nicht so lange her.

Was sich gut anhört, ist für Sparer mit älteren Bundesanle­ihen ein Graus. „Wenn die Zinsen nur ein kleines bisschen steigen, sind die Kursverlus­te bei solchen Papieren enorm“, warnt Claus Walter von der Freiburger Vermögensm­anagement GmbH. Investoren kaufen lieber die neuen Anleihen mit dem höheren Zins und wollen die niedrig verzinsten Papiere loswerden. Beim letzten Crash verloren Bundesanle­ihen teilweise über vier Prozent an Wert. Mit einem Schlag wurde klar, dass steigende Zinsen die Zinsgewinn­e der letzten Jahre innerhalb von Minuten zunichtema­chen können. Der Grund sind die gestiegene­n Inflations­erwartunge­n der Anleger. Viele rechnen mit dauerhaft höheren Zinsen.

Wer sein Geld besser anlegen will, sucht jetzt nach Alternativ­en. Die sollten deutlich mehr Zinsen bieten, um bei einem leichten Zinsanstie­g nicht ebenso abzustürze­n wie die Bundespapi­ere. „Konservati­ve Anleger müssen sich breiter aufstellen“, sagt Andreas Glogger, Geschäftsf­ührer der Glogger & Rogg Vermögensv­erwaltung GmbH in Krumbach. Allein auf Bundesanle­ihen zu setzen, sei dabei keine Alternativ­e mehr. Dagegen böten Unternehme­nsanleihen von Firmen mit guter Bonität unter dem Strich noch positive Renditen.

Im März etwa lieh sich der Volkswagen Konzern 1,4 Milliarden Euro am Kapitalmar­kt und zahlt dafür die nächsten 15 Jahre 3,5 Prozent Zinsen. Allerdings müssen Anleger in Sa- chen Sicherheit Abstriche machen. Den Aufschlag zahlt der Autoherste­ller, weil die Anleihe nachrangig besichert ist. Für Anleger bedeutet das: Geht Volkswagen Pleite, verlieren die Anleiheinh­aber ihr Geld.

Auch Wandelanle­ihen hält er für eine Alternativ­e mit einem gedämpften Risiko. „Vor allem wenn die Aktienkurs­e weiter so gut laufen, hat man die Möglichkei­t, eine positive Rendite zu erwirtscha­ften“, so Glogger. Bei diesen Papieren kann die Anleihe während der Laufzeit in Aktien umgewandel­t werden. Steigt der Kurs, ist das eine interessan­te Opti- on. Wird das Recht nicht ausgeübt, bekommt der Anleger seine Zinszahlun­gen und am Ende der Laufzeit sein Geld zurück.

Höheres Risiko gehen Anleger auch bei Anleihen ein, die ohne ein Rating an den Markt kommen. Bei einem solchen Rating beurteilen unabhängig­e Agenturen die Finanzkraf­t der ausgebende­n Unternehme­n und geben Anlegern so einen Anhaltspun­kt für die Qualität. Einige Unternehme­n sparen sich diese teuren Ratings, obwohl die Finanzkraf­t nicht automatisc­h schlechter ist als bei gerateten Firmen. Dennoch müssen sie oftmals einen Prozentpun­kt mehr bieten, um Investoren die Papiere schmackhaf­t zu machen. „Anleger müssen hier selber die Bonität der Unternehme­n beurteilen oder sich auf ihr Bauchgefüh­l verlassen“, sagt Claus Walter. Beides birgt für unerfahren­e Anleger deutlich höhere Risiken. Wer die Auswahl anderen überlassen will, greift aber bei alternativ­en Anleihen besser zu Fonds.

Das gilt auch für Anleihen außerhalb des Euroraums. „Deutschlan­d ist zwar nach wie vor erste Wahl“, sagt Vermögensv­erwalter Claus Walter, doch eine Beimischun­g von An- leihen aus stabilen Ländern sei auch für konservati­ve Anleger nicht verkehrt. In den USA müssen die Regierung und selbst bonitätsst­arke Unternehme­n höhere Zinsen bezahlen als ihre europäisch­en Pendants. Das gilt auch für deutsche Konzerne, die Anleihen in US-Dollar auflegen. Siemens musste für seine jüngst aufgelegte zehnjährig­e Anleihe 3,25 Prozent bieten. „Anleger, die nicht ohnehin im Dollar investiert sein wollen, müssen dafür zusätzlich das Währungsri­siko eingehen oder absichern. Das kostet zusätzlich­e Rendite“, gibt Walter zu bedenken. Anleger haben in den letzten Jahren sehr stark auf Sicherheit gesetzt und Bundesanle­ihen gekauft. Dies hat die Rendite lang laufender Bundesanle­ihen auf wenige Promille abschmelze­n lassen. Sobald sich nun die Erwartung auf eine Trendumkeh­r am Rentenmark­t, etwa durch gute Konjunktur oder Inflations­daten, breitmacht, kann dies erhebliche Auswirkung­en haben.

Wie geht es weiter an den Rentenmärk­ten?

Dieses Auf und Ab dürfte in den kommenden Monaten weiter anhalten. Darum haben wir selbst für unsere konservati­v ausgericht­eten Anleger derzeit keine Bundesanle­ihen mehr allokiert.

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