Hochzeitsgeschenk vom Favoritenschreck
Pablo Larrazábal gewinnt nach 2011 erneut die International Open – Marcel Schneider auf Rang 20 bester Deutscher
EICHENRIED - Henrik Stenson hatte gerade seinen letzten Putt zum Birdie an der 18 und der geteilten Führung eingelocht, da war der Weg endgültig frei für Paulo Larrazábal, den 32-jährigen Spanier. Während der schwedische Weltranglistensiebte schon Autogramme schrieb, hatte Larrazábal noch drei Löcher vor sich. Es war die Chance, auf die er so geduldig gewartet hatte, nachdem er sich mit besten ersten Neun des Tages (31 Schläge) in Position gebracht hatte. Auf der zweiten Hälfte der Runde wurden die Birdies rar, nicht nur bei Larrazábal. Aber das eine, das er noch brauchte, das machte er – dort, wo elf der ersten 13 erfolgreich waren: am 292 Meter kurzen Par-4Loch 16.
So entspannt strahlend, wie Larrazábal sich danach auf dem Weg ins Ziel präsentierte, war klar, dass er sich das nicht mehr nehmen lassen würde. Den verpassten Birdie-Putt an der 18 konnte er sich locker leisten, von hinten kam keine Gefahr mehr. James Morrison, mit zwei Schlägen Vorsprung als Führender auf die Schlussrunde gegangen, hatte dem Druck nicht standhalten können und auf seiner birdiefreien Runde fünf Bogeys produziert, sein Flightpartner und Landsmann Chris Paisley hisste am 14. Loch die weiße Fahne, als er sich mit einem Bogey von der lange gemeinsam mit Larrazábal gehaltenen Führungsposition verabschiedete. Am Ende reichte es für Paisley (273) vor der Rekordkulisse von 18 000 Zuschauern nur zu Rang drei hinter Larrazábal (271/ 70+66+69+66) und Stenson (272/ 67+71+69+65), dem auf seiner Tagesbestrunde ausgerechnet das Birdie an der 16 zum Stechen fehlte.
Wie einst Azinger und Björn
Der sympathische Larrazábal bekundete eine geradezu spitzbübische Freude über diesen zweiten Erfolg bei den 27. International Open nach 2011, mit dem er aus dem Doppelsiegerduo Paul Azinger (USA/1990 und 1992) und Thomas Björn (Schweden/2000 und 2002) ein Trio machte. Auf der European Tour war es bereits sein vierter Sieg, und seine „Opfer“bei diesen Triumphen zählen zu den größten Namen des Golfsports: der Weltranglistenerste Rory McIlroy, Colin Montgomery, Sergio Garcia und nun Stenson. „Sie nennen mich auch Favoritenschreck“, scherzte Larrazábal, nachdem er den Sieg als Hochzeitsgeschenk für „meine zukünftige Frau und mich selbst“bezeichnet hatte. In zwei Monaten heirate er seine Freundin Gala, mit der er bereits seit zehn Jahren zusammen ist, verkündete Larrazábal freudestrahlend und verbreitete weiter gute Laune. „Ich spiele nicht für Geld, sondern weil ich Golf liebe. Am Tag, an dem sich das ändert, höre ich auf.“Die Nachfrage, ob er seine Gewinnsumme (333 330 Euro) kenne, konterte er so souverän wie Stensons Angriff auf dem Platz. „Ich muss in Spanien 56 Prozent versteuern, ich muss den Caddie bezahlen, und in zwei Monaten heirate ich wie gesagt – wahrscheinlich bleiben mir 5000 Euro.“
Um Larrazábals Siegprämie schlugen sie sich zu Beginn der Schlussrunde im Dutzend. Nachdem das Spitzenduo Morrison/Paisley fünf Löcher absolviert hatte, lagen fünf Spieler gleichauf an der Spitze und weitere sechs nur zwei Schläge getrennt. Ruhiger wurde es erst auf der zweiten Hälfte der Runde. Larrazábal, der nach drei Runden noch fünf Schläge Rückstand hatte, und Paisley marschierten vorneweg, und letztendlich konnte nur Stenson mithalten. Der zweifache US-Open-Sieger Retief Goosen, mit sieben Schlägen Rückstand gestartet, spielte mit Larrazábal die besten ersten Neun (31), doch ein Bogey an der 11 brachte das Aus für die Siegchancen des Südafrikaners.
Die Deutschen hatten mit dem Ausgang des Turniers nichts zu tun, aber der erst 25-jährige Pleidelsheimer Marcel Schneider spielte auch am Wochenende groß auf. Am Ende waren es vier Runden unter Par (68+70+71+70) und Rang 20 mit acht Schlägen Rückstand. „Ich freue mich riesig, für mich ist das ein grandioses Ergebnis“, sagte Schneider, der auf der untergeordneten Challenge Tour zu Hause ist, nun aber die Chance hat, sich die Europa-Tour-Karte zu sichern. Ein gutes Ergebnis braucht er wohl noch. Es soll nicht das Ende sein, Schneider hat große Ziele. „Ich möchte unter die besten 20 der Welt kommen – noch hab’ ich Zeit.“
Weniger Gesprächsbedarf hatte der nach Martin Kaymer (am Cut gescheitert) beste deutsche Profi Marcel Siem. Der 81. der Weltrangliste war auf den ersten neun Löchern mit drei Birdies gut unterwegs (33), versaute sich aber auf den zweiten neun (39) den Tag und die Laune.