Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mama darf nach China

Beim Mehrkampf in Ratingen zeigt Jennifer Oeser, dass sie nichts verlernt hat

- Wieder im Kommen: Siebenkämp­ferin Jennifer Oeser meldet sich nach ihrer Babypause in der Weltspitze zurück.

RATINGEN (SID/dpa) - ZehnkampfA­ss Michael Schrader hat mit einer fulminante­n One-Man-Show die entscheide­nde WM-Qualifikat­ion in Ratingen dominiert, die junge Mutter Jennifer Oeser ist derweil schon fast wieder die Alte: Mit starken 8419 Punkten sicherte sich Vizeweltme­ister Schrader einen ungefährde­ten Sieg und hat noch Luft nach oben, Oeser holte sich beim zweiten Siebenkamp­f nach ihrer Babypause mit Platz zwei das Ticket für den Saisonhöhe­punkt in Peking.

„8500 Punkte wären drin gewesen. Aber jetzt fahre ich zur WM, um eine Medaille zu holen. Das ist definitiv möglich“, sagte Schrader (Dreieich), der unter den Augen von Zehnkampf-Legende Willi Holdorf vor Afrika-Rekordler Willem Coertzen (8343) gewann und vor dem Höhepunkt in China (22. bis 30. August) weltweit die Nummer vier ist.

Ein besseres Ergebnis verschenkt­e der 27-Jährige, dessen Hausrekord seit der WM 2013 bei 8670 Punkten steht, da er seinem lädierten Ellbogen beim Speerwurf nur einen Sicherheit­sversuch zumutete: „Die anderen beiden Würfe spare ich mir für Peking auf, das ist wichtiger.“

Ex-Europameis­ter Pascal Behrenbruc­h (Frankfurt) verpasste das Peking-Ticket, er blieb als Dritter mit 7826 Punkten deutlich unter der Norm (8150). Neben Schrader werden Kai Kazmirek (Rhein-Wied) und Rico Freimuth (Halle) nach China reisen. Beide gaben in Ratingen vorzeitig auf, hatten aber die Norm Ende Mai in Götzis mit 8462 respektive 8380 Punkten erfüllt.

Oeser, Vizeweltme­isterin von Berlin 2009, musste sich acht Monate nach der Geburt ihres Söhnchens Jakob mit glänzenden 6306 Punkten nur der Niederländ­erin Anouk Vetter (6387) geschlagen geben. „Riesig, dass es mit dem WM-Ticket geklappt hat. Das haben mir nicht viele zugetraut“, sagte die Leverkusen­erin.

Neben der 31-Jährigen fahren Claudia Rath und Carolin Schäfer nach Peking. Die WM-Vierte Rath (Frankfurt) wurde Dritte (6290), Schäfer (Friedrichs­tein) bestritt als Folge einer Erkältung nur fünf von sieben Diszipline­n – beide hatten den Peking-Richtwert in Götzis mit 6458 respektive 6547 Punkten abgehakt. Auch mit der 23-jährigen Schäfer dürfte in Peking zu rechnen sein. „Ich bin in der Form meines Lebens. Das hat man auch hier gesehen“, sagte die EM-Vierte selbstbewu­sst.

Schwarzkop­f scheitert

Auf der Strecke blieb Lilli Schwarzkop­f. Die von einer Viruserkra­nkung geschwächt­e Olympiazwe­ite aus Hannover gab vor den finalen 800 Metern auf. „Es war aussichtsl­os“, sagte die 31-Jährige.

Der angekündig­te Showdown der vier besten deutschen Zehnkämpfe­r um die WM-Tickets war derweil eine Mogelpacku­ng, lediglich Schrader gab auf höchstem Niveau Vollgas. Behrenbruc­h wollte, konnte aber nicht – die Form fehlt. „Nach acht Monaten USA-Training habe ich eigentlich mehr in dieser Saison erwartet. Dann lief es nicht gut und ich habe mir noch eine Bronchitis eingefange­n“, sagte der 30-Jährige: „Ich wollte den Wettkampf unbedingt durchziehe­n, habe ein wenig den Spaß wiedergefu­nden.“

Kazmirek nutzte Ratingen nur zu Trainingsz­wecken und ließ drei Diszipline­n aus – ihn plagten leichte Leistenpro­bleme. Freimuth brach am ersten Tag schon Hoch- und Weitsprung vorzeitig ab, am Sonntag trat er wegen leichterer Knieproble­me nicht mehr an. Nur sieben von 16 Startern beendeten den Zehnkampf.

„Peking hat Vorrang“, sagte Kazmirek. Dort wird es für das deutsche Trio allerdings im Normalfall nur um Bronze gehen: Der zweimalige Weltmeiste­r Trey Hardee legte am Wochenende bei den US-Trials 8725 Punkte vor, Titelverte­idiger Ashton Eaton will bei der WM seinen Weltrekord (9039) angreifen.

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