Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der Ingenieur denkt, Wehrlein lenkt

Der Worndorfer gewinnt auf dem Norisring, weil er eine riskante Strategie gekonnt umsetzt

- Reifenflüs­terer: Mit der Startnumme­r 94 führt Pascal Wehrlein das DTM-Feld am Norisring an – der Lohn für eine gewagte Strategie bei abtrocknen­der Straße. Den Markengefä­hrten Robert Wickens und Gary Paffett bleiben das Nachsehen nebst den Plätzen zwei und

NÜRNBERG (SID/dpa/sz) - Für Pascal Wehrlein war Nürnberg letzte Station einer anstrengen­den Woche. Einer Woche, in der sich das Gasgeben gelohnt hat für den 20-Jährigen aus Worndorf (Kreis Tuttlingen): Am Dienstag noch chauffiert­e er für seinen Arbeitgebe­r Mercedes dessen Formel-1-Boliden über den Asphalt von Spielberg. Testarbeit im Cockpit, nicht virtuell im Simulator – für den Ersatz- und Testfahrer der schwäbisch-britischen PS-Allianz sind solche Königsklas­se-Auftritte nach wie vor etwas Besonderes. Selten zudem.

Gar nicht mehr so selten allerdings ist, dass Pascal Wehrlein sich prächtig in Szene setzt an Tagen wie dem Dienstag. 67 Runden dem österreich­ischen Juni-Regen abgetrotzt, Tagesbestz­eit geholt – da waren die 132 Runden anderntags im Force India (mit Mercedes-Kundenmoto­r) wohlverdie­nte Zugabe. Und Extrakick offenbar für den Norisring. DTM-Job as usual, Pascal Wehrleins Saisonbila­nz bislang im Tourenwage­n mit dem Stern: Zweiter und Achter, Fünfter und 13. Jetzt kamen ein weiterer fünfter Rang (am Sonntag) und am Samstag ein Sieg dazu. Der zweite der Karriere, in DTM-Rennen Nr. 25.

Aufregende erste Rennphase

In Nürnberg. Natürlich. Dass der nicht-permanente Stadtkurs Mercedes-Terrain ist, verrät schon die Statistik: Seit 2003 saß jeder Norisring-Sieger in einem Mercedes. An diesem 27. Juni 2015 wieder: Wehrlein gewann vor seinen Markenkoll­egen Robert Wickens (Kanada), Gary Paffett (Großbritan­nien) und Christian Vietoris (Gönnersdor­f). „Am Anfang war die Strecke richtig nass, auf so einem Stadtkurs ist es dann schwierig, auf der Strecke zu bleiben“, sagte der Glückliche erleichter­t im Ziel. Und: „Mein Rennen war ziemlich aufregend.“

Stimmt. Allein schon wetterhalb­er: Das Rennen begann, nach einem Schauer kurz vor dem Start, auf nasser Fahrbahn. Pascal Wehrlein startete – als Fünfter des Qualifying – im Gegensatz zu Wickens, Paffett und Vietoris auf Slicks. Seine Markenkoll­egen wählten Regenreife­n. Damit wollten sie einen Vorsprung herausfahr­en und diesen später für einen Wechsel auf Trockenrei­fen nutzen. Der StrategieG­egenentwur­f: Slicks nehmen, Boxenstopp sparen. Pascal Wehrlein tat’s ... und gewann. „Dafür muss ich mich aber ausschließ­lich beim Team bedanken. Es war die Entscheidu­ng meines Ingenieurs, auf Slicks zu starten.“

So war die Fahrt zunächst überaus fordernd, ehe es mehr und mehr abtrocknet­e. Deshalb: „Mein Rennen hat vor allem in den ersten 20 Runden stattgefun­den.“Und kurz vor Ultimo, weil die Markenkoll­egen Wickens und Paffett da „etwas schneller“gewesen seien. „Deshalb war es wichtig, dass ich keinen Fehler machte, sonst hätten sie mich bekommen.“

Taten sie anderntags. Saisonlauf Nr. 6 gewann Robert Wickens vor Christian Vietoris. Wieder zweimal Mercedes. Pascal Wehrlein war diesmal dritte Kraft unter dem guten Stern: Als Sechster gestartet, erreichte er das Ziel auf Position fünf. Sein diesmal kritisches Fazit: „Nach dem Sieg von gestern bin ich mit dem fünften Platz heute nicht ganz zufrieden.“

Mit der Woche insgesamt aber ganz gewiss. Und mit dem Block aufs DTM-Tableau nach einem Drittel der Saison: Platz drei macht sich prächtig.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany