Mehr Polizei auf Weihnachtsmärkten und an Bahnhöfen
Sicherheitslage hat sich laut BKA-Chef Holger Münch nicht verändert – Dennoch werden Maßnahmen verschärft
RAVENSBURG/STUTTGART/BERLIN - In dieser Weihnachtszeit ist das vorherrschende Gefühl nicht Vorfreude, sondern Verunsicherung. Nach dem Anschlag vom Montagabend ist die Angst vieler Menschen vor einem weiteren Angriff auf Weihnachtsmärkte oder Großveranstaltungen präsenter denn je.
Laut Bundeskriminalamts-Präsident Holger Münch gibt es dafür jedoch keinen Grund. Die Sicherheitslage in Deutschland habe sich nicht „grundsätzlich“verändert, wie Münch am Dienstagnachmittag in Berlin sagte.
Dennoch reagierten die Sicherheitsbehörden nach der Tat sofort. Im Südwesten und in anderen Bundesländern wurden die Sicherheitsvorkehrungen auf den Weihnachtsmärkten erhöht. In Baden-Württemberg seien diese intensiviert worden, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Dienstag in Stuttgart. „Die Polizeipräsenz wird an bestimmten Punkten sichtbar verstärkt werden.“ Dies sei schon am Abend des Anschlags der Fall gewesen.
Auch an Silvester und Neujahr sollen mehr Polizisten im Land für Sicherheit sorgen und an markanten Punkten sichtbarer auftreten als zuvor. Außerdem werde die Einrichtung technischer Sperren an Zufahrtswegen geprüft. Der Polizei könne es so gelingen, einen Lastwagen zu stoppen. Als Bollwerk gegen einen möglichen Angriff mit einem Lastwagen errichtete die Landeshauptstadt Betonblockaden an leicht zugänglichen Stellen um den Weihnachtsmarkt herum.
Polizisten mit Maschinenpistolen
„Wir können keinen hundertprozentigen Schutz garantieren, tun aber alles, um solch ein Ereignis in BadenWürttemberg zu verhindern“, sagte Strobl. Dazu gehöre auch, dass die Polizisten besser ausgestattet werden. Zurzeit werden die Maschinenpistolen vom Typ MP 7 ausgeliefert. Sie wurden nach den Anschlägen in Paris 2015 angeschafft. Derzeit werden die Beamten an den Waffen geschult, so Strobl. Außerdem tragen sie nun schwere Schutzwesten und Helme. Strobl bezeichnet die Aufrüstung der Sicherheitskräfte im Land als deutschlandweit führend.
Auch die Polizei in Bayern hat aufgerüstet. Auf den Weihnachtsmärkten im Freistaat patrouillierten am Dienstag deutlich mehr Polizeibeamte und überwachten die Eingänge teilweise mit Maschinenpistolen. Auch Sperren wurden errichtet. Auf dem weltberühmten Nürnberger Christkindlesmarkt etwa verstellten Polizeiautos – wie schon in den Wochen zuvor – die Zugänge, um Besucher besser kontrollieren zu können. Gleichzeitig warnen die Behörden vor Panikmache. Es lägen keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung vor, heißt es am Dienstag übereinstimmend.
In Bayern herrsche dieses Jahr ohnehin eine höhere Wachsamkeit, das meldeten etwa Polizeibehörden in Oberbayern, Bamberg, Würzburg und Schwaben-Nord. „Wir halten das höhere Sicherheitsniveau, das wir dieses Jahr bereits auf den Weihnachtsmärkten haben“, hieß es in Augsburg. Trotzdem waren dort wie in vielen anderen Städten am Dienstag mehr Beamte unterwegs.
In Nürnberg sollte an der Kinderweihnacht auf dem Hans-SachsPlatz eine Sperre errichtet werden. Damit solle verhindert werden, dass Terroristen mit einem Lastwagen auf den Platz rasen könnten, erklärte die Polizei.
Bahn im Austausch mit Polizei
Im Deutschen Nahverkehr werden als Reaktion auf den Anschlag Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Die Deutsche Bahn stehe im „engen Austausch“mit den Sicherheitsbehörden, wie ein Konzernsprecher in Stuttgart am Dienstag sagte. Die bestehenden Sicherheitskonzepte für Züge und Bahnhöfe würden derzeit angepasst, so der Sprecher weiter. „Details können wir jedoch nicht nennen.“Generell wird die Polizeipräsenz an den Bahnhöfen und an den Flughäfen erhöht.
Auch die Bundesligavereine aktualisieren ihre jeweiligen Sicherheitskonzepte für Fußballspiele gemeinsam mit Polizei und anderen Behörden, wie DFB-Sicherheitsbeauftragter Hendrik Große Lefert sagte. „Die Vereine sind sensibilisiert“, erläuterte er. Sie träfen erforderliche Zusatzmaßnahmen. „Dies können zum Beispiel intensivere Sicherheitskontrollen oder verstärkte Ordnerund Polizeipräsenz sein“, so Große Lefert. Dennoch müssten sich Stadionbesucher bewusst sein, dass „Veranstaltungen jeglicher Art in einer freien Gesellschaft bundesweit nicht vollständig militärisch abgeschottet werden“.