Russland und Türkei ermitteln gemeinsam
Nach dem Mord an dem russischen Botschafter Andrej Karlow gibt es neue Details
MOSKAU/ISTANBUL - Nach dem Mord an dem russischen Botschafter Andrej Karlow in der Türkei am Montagabend bemühen sich Moskau und Ankara um Einigkeit. Am Dienstagmorgen schickte Russland Ermittler nach Ankara. Sie sollen zusammen mit den türkischen Kollegen die Tat aufklären. Über den mutmaßlichen Attentäter kamen neue Details ans Tageslicht, die auf eine exakte Planung der Tat hindeuten. Der 22jährige Bereitschaftspolizist Mevlüt Mert Altintas ließ sich laut Medienberichten in den Tagen vor dem Mord krankschreiben und bezog ein Hotelzimmer in der Nähe des Kulturzentrums, in dem er den Diplomaten Karlow niederschoss.
Ob Altintas Komplizen hatte, blieb am Dienstag unklar. Die Polizei nahm sechs Menschen fest. Die regierungsnahe türkische Presse spekulierte über eine Mitgliedschaft des 22-Jährigen in der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan macht diesen seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli für jedes Unheil im Land verantwortlich. Gülen selbst verurteilte den Anschlag.
Schüsse vor der US-Botschaft
Nach dem Anschlag von Berlin wächst in Ankara die Sorge, dass der Syrien-Konflikt immer mehr Terrorakte auslöst. In der Nacht zum Dienstag eröffnete ein Angreifer das Feuer vor der in der Nähe des Kulturzentrums gelegenen US-Botschaft in Ankara. Die amerikanische Regierung ließ darauf die Botschaft sowie die Konsulate in Istanbul und Adana vorsorglich schließen. Auch Iran, wie Russland ein wichtiger Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, schloss diplomatische Vertretungen in der Türkei.
Der russische Präsident Wladimir Putin ordnete verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in den diplomatischen Vertretungen Russlands an. Am späten Montagabend hatte der Kremlchef im russischen Fernsehen das Attentat als Verbrechen und Provokation bezeichnet. Es ziele darauf ab, die „Normalisierung der russischtürkischen Beziehungen zu durchkreuzen und den Friedensprozess in Syrien, der aktiv von Russland, der Türkei, Iran und anderen Staaten vorangetrieben wird, zu sprengen“.
Russische Beobachter vermuten, dass der Anschlag dem gestrigen Treffen Russlands, Irans und der Türkei in Moskau vorgreifen wollte. Eine Einigung der drei Mächte, die durchaus andere Interessen verfolgen, sollte unterlaufen werden. Russlands Außenminister Sergej Lawrow nannte die drei Mächte die „effektivsten Kräfte“bei der Regulierung der Krise in Syrien.