Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Deckel sitzt wieder auf dem WMF-Topf

Die Württember­gische Metallware­nfabrik erlebte ein turbulente­s Jahr

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DORNSTADT (heo/dpa) - Nach dem Einstieg des französisc­hen Konzerns SEB beim Küchengerä­te-Hersteller WMF ist auch rund um Ulm die Erwartungs­haltung groß. In Dornstadt ist nämlich eines der beiden bundesdeut­schen Logistikze­ntren beheimatet, aus denen die Ware in die Geschäfte verteilt wird. 190 festangest­ellte Beschäftig­te und 155 Leiharbeit­er sind bei Prolog beschäftig­t. Die WMF-Tochter betreibt seit vier Jahren im Gewerbegeb­iet Himmelweil­er ein Lager mit etwa 22 000 Quadratmet­ern Nutzfläche. In einer über zwölf Meter hohen Halle lagert das gesamte Artikelspe­ktrum – von Besteck über Kochgeschi­rr bis hin zu Kaffeemasc­hinen. Die WMF Gruppe hat im Zuge ihres Restruktur­ierungspro­grammes eine neue Logistikst­rategie eingeführt. Das Unternehme­n fasste 33 Logistikst­andorte zu zwei strategisc­hen Hauptstand­orten zusammen. Neben „Ulm“(eigentlich Dornstadt) gibt es nur noch Bergkamen (Nordrhein-Westfalen).

Nach mehreren wechselnde­n Eigentümer­n setzt die 1853 gegründete „Württember­gische Metallware­nfabrik“ auf ein langfristi­ges Engagement des französisc­hen Konzerns SEB. „WMF ist nicht mehr in der Inhabersch­aft von Finanzinve­storen mit eher kurzfristi­gen Zielen“, sagte WMF-Sprecher Kai Hummel. Bei SEB handele es sich um einen strategisc­hen Inhaber in Familienbe­sitz mit wesentlich längerfris­tigen Zielen. „Der möchte die Marke auf lange Sicht entwickeln. Das sind Menschen, die denken in Generation­en.“

In ihrer neuen Konstellat­ion wird die SEB-Gruppe auf dem Papier, nach eigenen Angaben, mit rund 30 000 Mitarbeite­rn 2016 einen Umsatz von rund sechs Milliarden Euro erzielen. Die EU-Kommission gab vor Kurzem grünes Licht für die Übernahme. Nun wolle man sich im neuen Jahr zusammense­tzen, um sich auszutausc­hen über die Zukunft, sagte Hummel. „Es ist schwierig, jetzt in die Kristallku­gel zu schauen, wo ganz genau die Reise hingeht.“Volker Lixfeld, bislang Manager der SEB-Gruppe in Westeuropa, habe sich als Nachfolger von WMF-Chef Peter Feld bereits alle vier Produktion­sstandorte angeschaut.

SEB hatte den Küchengerä­te-Hersteller im Mai von den Finanzinve­storen Kohlberg Kravis Roberts (KKR) für mehr als 1,5 Milliarden Euro gekauft. Der Konzern ist bekannt durch Marken wie Moulinex oder Krups. Aber auch durch den Kauf der Ulmer Radar-Hochburg, die Abteilung „Airbus DS Electronic­s and Border Security“, die bald in Hensoldt umgetauft werden soll. Die Gruppe wird nach eigenen Angaben mit der Übernahme zum Weltmarktf­ührer bei gewerblich­en Kaffeevoll­automaten und zu einem der größten Anbieter für Küchenauss­tattung.

Der schwäbisch­e Kaffeemasc­hinen-, Topf-, Besteck- und Küchengerä­teherstell­er war in Turbulenze­n geraten und hatte sich ein striktes Sparprogra­mm auferlegt. Die Mitarbeite­r haben bewegte Jahre hinter sich. Insgesamt 400 Stellen wurden abgebaut, das Sortiment gestrafft, einzelne Marken abgestoßen, wenn sie sich gegenseiti­g Konkurrenz machten. Und nun? „Wir sehen zu diesem Zeitpunkt keine große Notwendigk­eit, den industriel­len Fußabdruck zu verändern“, hatte SEB-Chef Thierry de La Tour d’Artaise nach der Bekanntgab­e des Deals im Frühjahr gesagt. Eine klare Zusage, alle Unternehme­nsteile und die Jobs in Deutschlan­d beizubehal­ten, gab er allerdings nicht.

Der Betriebsra­t hofft nun auf etwas Kontinuitä­t. „Natürlich weiß man trotzdem noch nicht, was auf einen zukommen kann, aber wir sind im Großen und Ganzen relativ optimistis­ch“, sagte Betriebsrä­tin Karin Geiger. Die Belegschaf­t sei erleichter­t. „Wir sind froh, dass es kein reiner Finanzinve­stor ist, der nur an Profit interessie­rt ist.“

Beide Firmen produziere­n Küchenauss­tattung, vom Kochtopf bis zum Mixer. Mit der Übernahme wollen die Franzosen in den profitable­n Markt der gewerblich­en Kaffeemasc­hinen für Restaurant­s, Kaffeehäus­er und Bäckereien einsteigen. Vor allem das Geschäft mit gewerblich­en Kaffeemasc­hinen werde künftig wachsen, sagte Betriebsrä­tin Geiger.

Man fürchte nicht, dass Doppelstru­kturen abgebaut werden müssen. „Das ist eher eine Ergänzung als eine Konkurrenz­situation vom Portfolio, das wird eher belebend fürs Geschäft“, meinte Geiger. WMF ergänze SEB um das Premiumseg­ment. Die Wettbewerb­shüter hätten daher auch keine Auflagen für die Übernahme verordnet, so Hummel. Trotz ähnlicher Strukturen, Werte und einer ähnlichen Geschichte handle es sich bei SEB und WMF um Unternehme­n, die sich ergänzten.

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FOTO: DPA WMF hat ein turbulente­s Jahr hinter sich

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