Bei diesen Artisten geht es richtig rund
Zirkus Ensemble aus China begeistert mit Show im Congress Centrum
ULM (köd) - Für die aktuelle Tournee des Chinesischen Nationalzirkus veränderte Produzent Raoul Schoregge das Konzept der legendären Artistentruppe aus dem Reich der Mitte: Die Show im CCU verzichtete auf die Erzählpassagen, die Hintergründe und Geschichte erklären, die die Artisten darstellen. Stattdessen entführte der Chinesische Nationalzirkus sein Publikum in ein fiktives Grand Hotel aus viktorianischer Zeit, „Hongkong Hotel“.
Das Hotel-Personal weiß trefflich artistisch mit der Hotel-Einrichtung zu spielen. Vasen verwandeln sich in Jonglage-Gegenstände, und die Putzfrauen verschwinden zur Gänze selbst in der Mülltonne.
Größtenteils westliche klassische Musik und viel mehr Clownerie als gewohnt, bei der Raoul Schoregge selbst zum Vergnügen des Publikums seine Kunst zeigt. Vor dem Hintergrund der Sieben-Millionen-Weltstadt Hongkong, in der westliche und chinesische Traditionen gelebt werden, entfaltet sich bei der an Silvester gestarteten aktuellen Tournee ein weitaus weniger „fernöstliches“Programm als man dies vom Chinesischen Nationalzirkus gewohnt ist. Die neue Show setzt auf die Kunst als eine Brücke zwischen West und Ost. Was sich aber nicht geändert hat: Die Artisten bringen die Kunst der Körperbeherrschung auf höchstklassige, spektakuläre Weise auf die Bühne.
Eine Nummer lang hätte man im CCU eine Nadel fallen hören können: Beim Balanceakt mit zahlreichen roten Holzböcken, die zu einem drachenartigen Tier aufgebaut sind, war das Publikum wohl ebenso angespannt wie der Artist selbst, der das enorme Gewicht der Steckkonstruktion stemmen und auf seiner Stirn heben musste. Die atemberaubende Nummer gelang, die Bilder werden im Kopf bleiben.
Andere Nummern beeindruckten durch die Gelenkigkeit der Artistinnen, deren Arme und Beine bisweilen nur durch die unterschiedliche Farbe der Kostüme zuzuordnen war. Bei Sun Qing Qing und Liu Wen Long wirkt es immer wieder so, als verfügten ihre Wirbelsäulen über eine quasi unbegrenzte Drehbarkeit. Eine Champagnerflasche, auf einem Luftballon – und der wiederum auf einem Stab – balanciert, Jonglage mit chinesischen Vasen und Blumentöpfen, mit Leuchtern, auf denen Kerzen brennen, und selbst bei der legendären Teller-Jonglage nie gesehene Varianten: Der Chinesische Nationalzirkus wird nach wie vor als Nummer Eins des kulturellen Austausches mit dem Reich der Mitte gehandelt, und das mit außergewöhnlicher Ästhetik und scheinbarer Leichtigkeit. Einzig die KartentrickNummer, bei der eine Artistin einen weiblichen Hotelgast darstellte, der Asse gleichsam aus dem Ärmel zaubert, war relativ leicht durchschaubar.