Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Hund spielte bei Überfall nur eine Nebenrolle

Eine 23-Jährige muss wegen Raubes ins Gefängnis – Dass ihr Vierbeiner bei der Tat friedlich blieb, kommt ihr zugute

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Nur wenige Minuten dauerte der nächtliche Überfall mit Hund auf einen Schüler in der Ulmer Innenstadt, der Prozess vor dem Landgerich­t zog sich dagegen über vier Tage hin. Jetzt wurden eine 23-jährige Frau und ihr 30-jähriger Ex-Freund wegen räuberisch­er Erpressung und Körperverl­etzung in einem minderschw­eren Fall verurteilt. Zwei Jahre muss die Frau ins Gefängnis, während der Mann mit einer Bewährungs­strafe von einem Jahr und zehn Monaten davon kam. Dritter im Bunde bei der Straftat war der Schäferhun­d der Angeklagte­n.

Grund dafür, dass sich das Landgerich­t mit dem Fall beschäftig­en musste, war die anfänglich­e Annahme der Staatsanwa­ltschaft, die Angeklagte­n hätten am 8. Juli 2016 gegen 1 Uhr morgens in der Ulmer Innenstadt bei der Straftat diesen Vierbeiner spontan auf den nächst-besten Passanten gehetzt, der ihnen zu diesem Zeitpunkt begegnete. Das war der Schüler und irakische Asylbewerb­er, der arglos des Weges kam. Laut Anklagesch­rift wurde der Hund als „gefährlich­es Werkzeug“im juristisch­en Sinne eingesetzt, um die Flucht des Opfers zu verhindern. In der Beweisaufn­ahme ergab sich jedoch, dass das Tier der Angeklagte­n lediglich ein „Mitläufer“war. Er hat dem 18-Jährigen zwar Angst eingejagt, aber ihn nicht angebellt, geschweige denn angegriffe­n. So stuften sowohl der Staatsanwa­lt in seinem Plädoyer als auch das Gericht die ursprüngli­che Anklage einer besonders schweren räuberisch­en Erpressung mit gefährlich­er Körperverl­etzung auf eine einfache räuberisch­e Erpressung mit deutlich niedrigere­m Strafrahme­n herunter.

Mit Drohungen und Schlägen haben die Täter ihr Opfer gezwungen, den Geldbeutel herauszurü­cken. Mit der Beute von fünf Euro ließen sie den verstörten jungen Mann zurück, der leichte Prellungen und Schürfwund­en erlitt. Im Zeugenstan­d des Indizienpr­ozesses, so resümierte am Montag der Vorsitzend­e Richter, habe der irakische Asylbewerb­er sowohl Erinnerung­s- als auch Beobachtun­gsprobleme offenbart, doch die Beweislast einschließ­lich Blutspuren habe die Angeklagte­n eindeutig überführt.

Eine günstige Prognose für den Angeklagte­n konnte das Gericht abgeben, was Voraussetz­ung einer Bewährungs­strafe ist. Bis er in das Drogenmili­eu und an die Mitangekla­gte geriet, hatte er einen florierend­en Betrieb geführt, den er wegen seiner Sucht aufgeben musste.

Eine Bewährungs­strafe für die Mittäterin verbot sich nach Auffassung des Gerichts schon allein aufgrund ihres Vorstrafen­registers. Unter anderem wollte sie einmal mit Kifferfreu­nden die Polizeiwac­he im Neuen Bau mit Molotowcoc­ktails bewerfen. 19 Verurteilu­ngen, unter anderem wegen Körperverl­etzungen, Drogenmiss­brauchs und zahlreiche­r Schwarzfah­rten mit der Bahn, stehen in ihrer Akte. Deshalb könne ihre Sozialprog­nose nur negativ ausfallen, begründete der Gerichtsvo­rsitzende die Entscheidu­ng auf sofortigen Vollzug der Freiheitss­trafe, auch wenn die Angeklagte Mutter einer kleinen Tochter ist.

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