Weidmann warnt vor zu viel Rücksichtnahme
FRANKFURT (dpa) - Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnt vor zu viel Rücksichtnahme auf einzelne Euroländer oder die Finanzmärkte beim Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik. „Aus meiner Sicht ist es vor allem entscheidend, dass wir diesen Gang der Normalisierung nicht mit Blick darauf verzögern, welche Folgen sie für die Schuldentragfähigkeit der Mitgliedstaaten oder für die Stabilität der Finanzmärkte haben könnte“, sagte Weidmann in Frankfurt.
Ende Juni hatte eine Rede von EZB-Präsident Mario Draghi für Euphorie an den Finanzmärkten gesorgt – anschließend bemühte sich die Europäische Zentralbank (EZB) um Relativierung: Draghi äußerte sich im portugiesischen Sintra sehr zuversichtlich zur Wirtschaft im Euroraum und bezeichnete die jüngste Schwäche bei der Inflation als vorübergehend. Zudem sprach Draghi von einer „graduellen Anpassung“der Geldpolitik – betonte zugleich aber, die Notenbank brauche „Ausdauer“. An den Finanzmärkten war nach der Sintra-Rede über ein baldiges Ende des EZB-Anleihekaufprogramms spekuliert worden. Der Euro wertete auf, die Anleiherenditen legten zu. Die EZB hatte entgegen den Erwartungen auf ihrer turnusmäßigen Sitzung am vergangenen Donnerstag kein weiteres Signal zum Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik gegeben. Draghi vertröstete auf den Herbst. Vorerst bleibt der Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von null Prozent, Banken müssen für das Geldparken weiterhin 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Zudem kauft die EZB noch bis mindestens Ende 2017 für monatlich 60 Milliarden Euro Staats- und Unternehmensanleihen.