Neu-Ulmer Stadtrat wird wohl heute den Nuxit beschließen
Landrat will „klare Kante“zeigen - und die Interessen des Landkreises vertreten
LANDKREIS NEU-ULM - Neu-Ulm wird möglicherweise als erste bayerische Stadt seit der Gebietsreform 1972 aus einem Landkreis austreten. Der Neu-Ulmer Stadtrat will am heutigen Mittwoch darüber beraten, ob die Kommune den Kreis Neu-Ulm verlassen soll. Oberbürgermeister Gerold Noerenberg (CSU) hat sich dafür ausgesprochen. Da auch innerhalb der Fraktionen von CSU und SPD bereits deutliche Sympathien für das Verlassen des Kreises geäußert wurden, erscheint dieser Schritt wahrscheinlich.
Allerdings können die schwäbischen Kommunalpolitiker nicht autonom einen Kreisaustritt beschließen. Dazu ist die Zustimmung der Staatsregierung und des Landtags nötig. Zunächst geht es nun darum, ob ein offizieller Antrag für das Innenministerium vorbereitet werden soll.
Auf der Seite des Landkreises gehen die Meinugen dagegen auseinander: Vielleicht war es ja auch der Sommerhitze geschuldet, dass Landrat Thorsten Freudenberger während der jüngsten Kreistagssitzung mehrfach beteuerte, die Diskussion müsse „mit kühlem Kopf “geführt werden. Immerhin geht es dabei um nicht weniger als das Streben von Neu-Ulm nach Selbstständigkeit. Freudenberger nutzte die Sitzung, um aus seiner Sicht einige Dinge zu den Nuxit-Plänen zu sagen. Dabei bleib es zwar im Ton wie immer verbindlich, doch er sagte auch klar, bei den Verhandlungen werde er klare Kante zeigen und die Interessen des Landkreises vertreten.
Er spielte damit auf Äußerungen von Oberbürgermeister Gerold Noerenberg an, die Stadt werde nach einem Ausstieg Kooperationen mit dem Kreis suchen und und möglicherweise auch Zweckverbände gründen.
Es darf „keine halbe Kreisfreiheit geben“
Freudenberger sagte zurückhaltend, darüber könne geredet werden, wo es sinnvoll sei. Bei der Verteilung der Verwaltungsaufgabe könne es allerdings „keine halbe Kreisfreiheit geben“. Zudem wiederholte er noch einmal seine Äußerungen von vergangener Woche, wonach das Landratsamt keinesfalls außerhalb der Kreisgrenzen liegen könne, sich also die Frage stellt, was mit der Kupferburg geschehen soll. Auch der Kreissitz dürfe nicht draußen sein, womit das Rennen unter den vier verbleibenden Städten eröffnet ist. Und den „Namen einer Stadt, die nicht dazu gehören will“, sollte das neue Gebilde ebenfalls nicht tragen.
Freudenberger persönlich bedauert, wenn die Neu-Ulmer die Kreisfreiheit anpeilen, denn die 45 gemeinsamen Jahre seit der Gebietsreform seien erfolgreich gewesen, Stadt und Kreis hätten massiv voneinander profitiert: „Alles andere ist falsch und erfunden. Wir haben 45 gute Jahre gehabt“, sagte der Landrat.
Bei aller „Aufbruchseuphorie“dürften die finanziellen Auswirkungen nicht vergessen werden, es drohe die Gefahr, sich massiv zu verrechnen. Er könne als Ausstiegsgrund nicht akzeptieren, wenn die Debatte um die Illertisser Geburtshilfe ins Feld geführt werde. In seinen Augen ist noch vieles ungeklärt: „Ich sehe mehrere hundert Fragen, aber nur Antworten im einstelligen Bereich.“Freudenberger fürchtet, der Austritt werde zu einem jahrelangen Prozess führen, der die Verwaltungen belastet und auch lähmt.
Auch der CSU-Fraktionsvorsitzende Franz-Clemens Brechtel erinnerte an die turbulenten Zeiten der Gebietsreform: „Es war ein jahrelanges Drama, bis wieder alles rund lief.“Er zog die Logik eines Nuxit in Zweifel, denn mittlerweile gehe aus Effektivitätsgründen der Trend zu größeren Einheiten, doch im Raum Neu-Ulm sei es gerade anders herum. Das werde womöglich keinem guttun, wenn etwas das jetzt bestehende gute Schulsystem durch einen Ausstieg gefährdet werde. Sarkastisch merkte er an: „Wenn es das Selbstbewusstsein der Stadt NeuUlm erfordert, das Wort ,kreisfrei’ auf dem Ortsschild zu haben, dann ist jede Diskussion überflüssig.“
Für Bürgerentscheid im Kreis fehlt Rechtsgrundlage
Jürgen Bischof von den Freien Wählern fürchtet, nach der Trennung könnten statt eines großen Landkreises zwei kleine Einheiten übrig bleiben, „die weniger Gewicht haben und die manches doppelt vorhalten müssen“. Dadurch würden letztlich beide schlechter dastehen. Bischof forderte, vor einer Entscheidung solcher Tragweite müssten die Menschen befragt werden: mit einem Bürgerentscheid in Neu-Ulm und einem im Landkreis. Das wird so nicht funktionieren, erklärte Freudenberger, denn für einen Bürgerentscheid auf Kreisebene fehle die Rechtsgrundlage, „das ist Sache von NeuUlm.“