Baustellenpanne bei Rastatt alarmiert Stuttgart-21-Gegner
Vorwurf: Bahn verharmlost Risiken beim Tunnelbau – Sperrung der Rheintalstrecke bis mindestens 26. August
STUTTGART (lsw/sz) - Die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 (S 21) werfen der Bahn angesichts der schweren Panne bei den Bauarbeiten an der Rheintalbahn eine zu hohe Risikobereitschaft vor. Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert unzureichende Informationen für Pendler.
„Ich bin der Auffassung, dass man die ganzen Risiken, die man kennen müsste, systematisch unterschätzt und eventuell die Wirksamkeit der Maßnahmen dagegen überschätzt“, sagte Roland Morlock von den Ingenieuren 22, die sich aus Sicht ihres Berufsstandes mit der Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart befassen. Dieses Verhalten gelte für den Ausbau der Rheintalbahn wie für S 21.
Weil sich bei den Arbeiten an der Rheintalstrecke Gleise absenkten, ist zwischen Rastatt und Baden-Baden ein 20 Kilometer langer Abschnitt gesperrt. Hintergrund für die Probleme sind Bauarbeiten an einem Tunnel unter dem bestehenden Gleiskörper. „Bei Baumaßnahmen passiert es schon einmal, dass das Unmögliche doch eintritt“, betonte Morlock. Offenbar habe die Bahn für diesen Fall aber keinen Plan B.
Eine Frage der Tunnelbautechnik
Bei S 21 sehen die Gegner des bis zu 6,5 Milliarden Euro teuren Vorhabens eines der Hauptrisiken im Tunnelbau durch quellfähiges Anhydrit. In dem Rastatter Fall hatte die Bahn beim Tunnelbau in sandigem Untergrund mit Vereisungstechnik gearbeitet. Das könnte eine Ursache für Gleisabsenkungen dort sein.
Nach Ansicht des bahnpolitischen Sprechers der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel, gehören die Tunnelbauweisen für S 21 nun auf den Prüfstand. „Nach dem Erdrutsch im Rastatter Tunnel werden die Beteuerungen der Deutschen Bahn, dass die Risiken bei S 21 durch sorgfältiges Bauen und den Einsatz einer entsprechenden Technik beherrschbar sind, immer unglaubwürdiger“, so Gastel. Der Grünenpolitiker kritisiert zudem, dass keine Ausweichstrecken zur Verfügung stehen. Hier müsse Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla dringend nachsteuern.
Der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S 21, Eisenhart von Loeper, hält die Gefahrenabwehr bei der Bahn für zu gering, insbesondere wenn Menschenleben gefährdet sein könnten. Er sieht nicht nur die Bahn, sondern auch das Eisenbahnbundesamt als Aufsichtsbehörde in der Verantwortung.
Keine Informationen
Unterdessen kritisiert der Fahrgastverband Pro Bahn die Informationspolitik des Bahn-Konzerns. „Die Bahn hat nicht professionell über den Vorgang informiert“, sagte KarlPeter Naumann, Sprecher des Bundesverbandes. Die Kunden müssten sowohl Informationen über Ersatzverkehr erhalten als auch ehrliche Auskünfte, wenn sich keine Lösungen abzeichneten. Am Sonntagabend habe es weder im Newsletter für Stammkunden noch in den Informationen zu Bauarbeiten eine Meldung zu der Sperrung gegeben. „Die Bahn hat ihre Kunden weitgehend im Regen stehen lassen“, sagte Naumann.
Die Strecke zwischen Rastatt und Baden-Baden bleibt laut Bahn nach Angaben der Bahn mindestens bis zum 26. August gesperrt.
Die Bahn empfiehlt Reisenden, sich vor Fahrtantritt über ihre Verbindung zu informieren: