Wo die Geisterlaster surren
Beim Bodenspezialisten Uzin Utz fahren Laster autonom über das Gelände - Entwicklung gilt als weltweit einzigartig
●
ULM - Wenn man dem „Wiesel“in die Quere kommt, blinken die Lichter an den Sensoren und er bremst sanft ab. Erst wenn sich die neugierigen Fußgänger aus der Gefahrenzone bewegen, setzt das autonom fahrende Transportsystem die Fahrt mit einem leisen Surren fort.
Fahrerlose Systeme sind nicht neu, doch Ulms einziges börsennotiertes Unternehmen Uzin Utz besitzt das einzige elektrisch betriebene führerlose Transportsystem, das ganze Laster ersetzt. „Wir kennen zumindest kein anderes“, sagt Peter Brenner von der Ulm Firma Kamag, die das „E-Wiesel“genannte System entwickelt hat. Seit Oktober vergangenen Jahres fahren die Laster ohne Führerhaus völlig autonom die 200 Meter von der Produktion bis in die Lagerhalle. Doch erst jetzt stellte der Bodenspezialist die Innovation vor.
Durch die von selbst fahrenden „E-Wiesel“können jährlich 16 000 Liter Diesel und die damit verbundenen CO2-Emissionen eingespart werden, da die Batterien mit dem im Ulmer Werk genutzten Naturstrom aufgeladen werden, wie Uwe Ritter, Bereichsleiter Betrieb und Logistik bei Uzin Utz erklärt. Die Investitionssumme verrät Ritter nicht, zumal in Ulm so etwas wie Prototypen unterwegs sind. Aber es sei ein mehrfaches des Preises eines dieselbetriebenen „Wiesels“. Und das sind schon 140 000 Euro.
Dass Laster wie von Zauberhand über das Werksgelände fahren, ist nichts Neues: Bereits 2002 nahm bei Uzin Utz der erste fahrerlose und selbstfahrende Lkw den Betrieb auf. Nun be- und entladen zwei autonome Kamag E-Wiesel Shuttles ganz ohne Fahrerkabine täglich bis zu 600 Tonnen – rund 700 Paletten – vollautomatisch.
Beim Warentransport auf dem Werksgelände waren früher zahlreiche Fahrten am Tag mit Schrittgeschwindigkeit nötig. Eine anstrengende und monotone Arbeit, die niemand zugemutet werden konnte, so Ritter. Deswegen wurden die selbstfahrenden Lkw angeschafft.
Scanner und Laser für die Sicherheit
Für Sicherheit sorgen Laserscanner, diverse Sensoren und mechanische „Bumper“. Sie stellen sicher, dass die Transportsysteme reagieren und still halten, wenn sich ihnen jemand nähert oder sie auf ein Hindernis treffen. Elektroantrieb und die gesamte Steuerungstechnik sind zwischen den Achsen unter dem Koffer verbaut.
Die Transporter lassen sich auf diese Weise von hinten und vorn beund entladen, während die früheren Lastwagen umständliche Wendemanöver einlegen mussten.
Rein rechtlich sind keine Fahrzeuge unterwegs, sondern selbst fahrende Arbeitsmaschinen. Die Innovation in Ulm stammt aus Ulm: Die Firma Kamag mit ihren 200 Mitarbeitern in Ulm setzt große Hoffnungen aus das System. „Das ist die Zukunft der Transportbranche“, sagt Brenner. Die Produktion steige an: 2016 produzierten die Ulmer 129 „Wiesel“für für den internen Transport von Wechselbehältern. Im laufenden Jahr liegen schon 135 Aufträge vor.
Doch noch ist die autonom und elektrisch fahrende Variante die Ausnahme, doch das wird sich nach Überzeugung von Brenner bald ändern. Derzeit arbeite Kamag an 20 Anfragen. Gegenüber dem Transport mit konventionellen Lastern seien die autonomen Kamag E-Wiesel deutlich sicherer und günstiger. Und außerdem passt der neue Elektroantrieb hervorragend zu Nachhaltigkeitszielen, die Firmen wie Uzin Utz anstreben.