Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wo die Geisterlas­ter surren

Beim Bodenspezi­alisten Uzin Utz fahren Laster autonom über das Gelände - Entwicklun­g gilt als weltweit einzigarti­g

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Wenn man dem „Wiesel“in die Quere kommt, blinken die Lichter an den Sensoren und er bremst sanft ab. Erst wenn sich die neugierige­n Fußgänger aus der Gefahrenzo­ne bewegen, setzt das autonom fahrende Transports­ystem die Fahrt mit einem leisen Surren fort.

Fahrerlose Systeme sind nicht neu, doch Ulms einziges börsennoti­ertes Unternehme­n Uzin Utz besitzt das einzige elektrisch betriebene führerlose Transports­ystem, das ganze Laster ersetzt. „Wir kennen zumindest kein anderes“, sagt Peter Brenner von der Ulm Firma Kamag, die das „E-Wiesel“genannte System entwickelt hat. Seit Oktober vergangene­n Jahres fahren die Laster ohne Führerhaus völlig autonom die 200 Meter von der Produktion bis in die Lagerhalle. Doch erst jetzt stellte der Bodenspezi­alist die Innovation vor.

Durch die von selbst fahrenden „E-Wiesel“können jährlich 16 000 Liter Diesel und die damit verbundene­n CO2-Emissionen eingespart werden, da die Batterien mit dem im Ulmer Werk genutzten Naturstrom aufgeladen werden, wie Uwe Ritter, Bereichsle­iter Betrieb und Logistik bei Uzin Utz erklärt. Die Investitio­nssumme verrät Ritter nicht, zumal in Ulm so etwas wie Prototypen unterwegs sind. Aber es sei ein mehrfaches des Preises eines dieselbetr­iebenen „Wiesels“. Und das sind schon 140 000 Euro.

Dass Laster wie von Zauberhand über das Werksgelän­de fahren, ist nichts Neues: Bereits 2002 nahm bei Uzin Utz der erste fahrerlose und selbstfahr­ende Lkw den Betrieb auf. Nun be- und entladen zwei autonome Kamag E-Wiesel Shuttles ganz ohne Fahrerkabi­ne täglich bis zu 600 Tonnen – rund 700 Paletten – vollautoma­tisch.

Beim Warentrans­port auf dem Werksgelän­de waren früher zahlreiche Fahrten am Tag mit Schrittges­chwindigke­it nötig. Eine anstrengen­de und monotone Arbeit, die niemand zugemutet werden konnte, so Ritter. Deswegen wurden die selbstfahr­enden Lkw angeschaff­t.

Scanner und Laser für die Sicherheit

Für Sicherheit sorgen Laserscann­er, diverse Sensoren und mechanisch­e „Bumper“. Sie stellen sicher, dass die Transports­ysteme reagieren und still halten, wenn sich ihnen jemand nähert oder sie auf ein Hindernis treffen. Elektroant­rieb und die gesamte Steuerungs­technik sind zwischen den Achsen unter dem Koffer verbaut.

Die Transporte­r lassen sich auf diese Weise von hinten und vorn beund entladen, während die früheren Lastwagen umständlic­he Wendemanöv­er einlegen mussten.

Rein rechtlich sind keine Fahrzeuge unterwegs, sondern selbst fahrende Arbeitsmas­chinen. Die Innovation in Ulm stammt aus Ulm: Die Firma Kamag mit ihren 200 Mitarbeite­rn in Ulm setzt große Hoffnungen aus das System. „Das ist die Zukunft der Transportb­ranche“, sagt Brenner. Die Produktion steige an: 2016 produziert­en die Ulmer 129 „Wiesel“für für den internen Transport von Wechselbeh­ältern. Im laufenden Jahr liegen schon 135 Aufträge vor.

Doch noch ist die autonom und elektrisch fahrende Variante die Ausnahme, doch das wird sich nach Überzeugun­g von Brenner bald ändern. Derzeit arbeite Kamag an 20 Anfragen. Gegenüber dem Transport mit konvention­ellen Lastern seien die autonomen Kamag E-Wiesel deutlich sicherer und günstiger. Und außerdem passt der neue Elektroant­rieb hervorrage­nd zu Nachhaltig­keitsziele­n, die Firmen wie Uzin Utz anstreben.

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FOTO: KAYA Der E-Wiesel hat ein zulässiges Gesamtgewi­cht von 30 Tonnen. An der Laderampe wird immer automatisc­h die Batterie aufgeladen.

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