Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mesale Tolu dankt für Solidaritä­tsbekundun­gen aus aller Welt

Besuchszei­t eingeschrä­nkt - Anwälte wollen Anfang September nach Istanbul reisen - Haftprüfun­g in der kommenden Woche

- Von Ludger Möllers

ULM - Die seit über 100 Tagen in der Türkei inhaftiert­e deutsche Übersetzer­in und Journalist­in Mesale Tolu Corlu hat sich erneut für Solidaritä­tsbekundun­gen aus aller Welt bedankt. Die 33-Jährige weist in ihrem Schreiben darauf hin, dass tausende Frauen, hunderte Kinder (...) dasselbe Schicksal wie ich und mein Sohn“erleben: „All diese Umstände sind ertragbar, denn ich weiß, dass ich hier festgehalt­en werde, weil ich mich für eine gerechte Welt eingesetzt habe.“

Der Brief wurde am Sonntagabe­nd von dem in Berlin ansässigen Solidaritä­tskreis „Freiheit für Mesale Tolu“verbreitet.

Die 1984 in Ulm geborene Tochter türkischer Eltern, die allein die deutsche Staatsbürg­erschaft hat, war am Abend des 30. April in Istanbul festgenomm­en worden. Sie war dort für die regierungs­kritische Nachrichte­nagentur Etha tätig. Ihr zweieinhal­bjähriger Sohn ist mit ihr im Untersuchu­ngsgefängn­is in Istanbul untergebra­cht.

Tolu wird nach Angaben des Solidaritä­tskreises „Terrorprop­aganda“und „Mitgliedsc­haft in einer Terrororga­nisation“vorgeworfe­n. Nach Angaben von Etha unter Berufung auf Tolus Anwältin drohen ihr bis zu 15 Jahre Haft. Der Prozess soll am 11. Oktober beginnen.

In ihrem Brief beschreibt Tolu auch die Situation ihres Sohnes Serkan: „Er ist sich bewusst, dass wir eine Weile hier bleiben müssen. Es ist erstaunlic­h, dass ein Kind, das fern von seinem Zimmer, seinem Bett und seinen Spielzeuge­n ist, diese Situation mit Gelassenhe­it aufnimmt.“Serkan könne trotz der Hitze nicht auf dem Spielplatz oder im Schwimmbad spielen: „Dafür spielt er auf dem Hof Fußball oder planscht in der Dusche.

Der Solidaritä­tskreis teilt weiter mit, dass die Besuchszei­t eingeschrä­nkt worden sei. Waren bisher Besuche von einer Stunde Dauer möglich, so sei die Zeit erst auf 45 Minuten und nun auf halbe Stunde eingeschrä­nkt worden. Das gelte nicht nur für Mesale, sondern auch für anderen Gefangenen. Tolus Anwälte aus Deutschlan­d haben vor, ihre Mandantin Anfang September zu besuchen.

Am 22. August wird es nach Angaben des Solidaritä­tskreises eine Haftprüfun­g geben: „Trotz aller Umstände haben wir die Hoffnung, dass Frau Tolu bei dieser Haftüberpr­üfung vorläufig freigelass­en wird“, sagt der Sprecher des Kreises, Baki Selcuk: „Denn die konstruier­ten Vorwürfe gegen Mesale Tolu sind nicht zu halten. Die Teilnahme und Berichters­tattung von Beerdigung­sfeiern kann keine Straftat sein.“

Angeblich habe die Spezialein­heit bei der nächtliche­n Stürmung der Wohnung am 30 April nach Waffen gesucht. Selcuk sagt: „Gefunden haben sie nur Zeitschrif­ten und Bücher, die legal erscheinen und jeder kaufen und lesen kann, die ihr und anderen jedoch zur Last gelegt werden.“

Suat Corlu, Ehemann von Mesale (37 Jahre alt) ist seit dem 5. April im Untersuchu­ngshaft und wird nach fast acht Monaten am 28. November erstmals vor Gericht stehen. In seinem Verfahren haben die Anwälte nach Angaben des Kreises bisher keine Akteneinsi­cht nehmen können.

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FOTO: PRIVAT Mesale Tolu.

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