Verhafteter
Zwei Monate vor seiner geplanten Opernpremiere in Stuttgart ist der regierungskritische russische Theaterregisseur Kirill Serebrennikow in Moskau festgenommen worden. Gegen den 47-Jährigen werde in Russland wegen Betrugsverdachts ermittelt, teilte das staatliche Ermittlungskomitee in Moskau mit. Der international bekannte Regisseur sollte in Stuttgart am 22. Oktober „Hänsel und Gretel“inszenieren. Die Leitung der Stuttgarter Oper kritisierte das Vorgehen als politisch motiviert.
Die Ermittler legen Serebrennikow zur Last, Fördergelder in Höhe von knapp 980 000 Euro unterschlagen zu haben. Bei einer Verurteilung drohen dem Regierungskritiker bis zu zehn Jahre Haft. Die Gelder waren vor allem für die „Plattform“bestimmt, eine experimentelle Werkstatt, die 2011 unter Leitung des Regisseurs ins Leben gerufen wurde.
Serebrennikow wurde in Sankt Petersburg festgenommen, wo er einen Film über die sowjetische Poplegende Victor Zoi dreht. Erste Untersuchungen der Ermittler fanden im Mai statt. Damals wurde unter anderem eine Buchhalterin festgenommen. Am 9. August – nach drei Monaten U-Haft – sagte die Buchhalterin gegen Serebrennikow aus. Demnach hätte sie auf Geheiß ein System ausgearbeitet, um Mittel aus dem „Plattform“-Projekt umzuleiten. Unlängst war dem Regisseur der Auslandspass abgenommen worden. Er sollte einer „Expertise“unterzogen werden, hieß es offiziell.
Serebrennikow wurde am 7. September 1969 in Rostow am Don geboren – als Sohn eines russischen Arztes und einer ukrainischen Lehrerin. In deutschen Kinos war zuletzt sein in Cannes ausgezeichneter Film „Der die Zeichen liest“(Utschenik) zu sehen – über einen Schüler, der durch die Bibellektüre radikalisiert wird. Eine subtile Kritik an der russischorthodoxen Kirche. Im Februar sagte Serebrennikow in Stuttgart, dass seine Homosexualität Thema in Russland sei. Das bereite ihm Sorgen. Schwule und Lesben werden in Russland ausgegrenzt. (kldo/AFP/dpa)