So viele Kandidaten wie noch nie
Bundeswahlleiter wertet dies als Zeichen gegen Politikverdrossenheit
●
BERLIN (dpa) - Mehr Parteien, mehr Kandidaten und neue Wahlkreise – bei der Bundestagswahl am 24. September werden 29,8 Millionen Männer und 31,7 Millionen Frauen wahlberechtigt sein, insgesamt 61,5 Millionen Menschen – rund 400 000 weniger als bei der Wahl 2013.
Wie bei der vergangenen Bundestagswahl gibt es rund drei Millionen Erstwähler. Bundeswahlleiter Dieter Sarreither sagte bei der Vorstellung einer aktuellen Statistik am Dienstag in Berlin, die Parteien täten gut daran, die Erstwähler gezielt anzusprechen: „Man kann sie aktivieren.“Eine große Bedeutung haben erfahrungsgemäß die Älteren. Bereits 2013 stellten die Wähler ab 60 Jahren mit 21,3 Millionen gut ein Drittel aller potenziellen Wähler – es sind fast doppelt so viele wie die Wähler unter 30. Die 30- bis 59-Jährigen stellten knapp die Hälfte der Wahlberechtigten.
Für die Wahl im Herbst haben sich bisher rund 37 000 im Ausland lebende Deutsche in ein Wählerverzeichnis eingetragen – doppelt so viele wie 2013 zu diesem Zeitpunkt. Zuletzt rückte der Aufruf des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, weder Union, SPD noch Grüne zu wählen, die Wähler mit ausländischen Wurzeln in den Blick. Sarreither geht von rund 720 000 Wahlberechtigten mit türkischem Hintergrund aus. Laut einer Erhebung des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration vom November haben die Türkischstämmigen eine recht stabile Bindung an die SPD (69,8 Prozent). Insgesamt hatten vor vier Jahren 5,8 Millionen Wahlberechtigte einen Migrationshintergrund. Als Partei ihrer Wahl nennen Zuwanderer laut dem Rat zu 40,1 Prozent die SPD, es folgen die Union (27,6), die Grünen (13,2) und die Linke (11,3).
Es gibt einen Rekord von 42 Parteien – so viele wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Sieben dieser Parteien wurden erst in diesem oder im vergangenen Jahr gegründet: Allianz Deutscher Demokraten, Bündnis Grundeinkommen, Demokratie in Bewegung, Die Grauen – Für alle Generationen, Die Urbane – Eine Hiphop Partei, Mieterpartei, V-Partei - Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer.
Wie 2013 gibt es 299 Wahlkreise in Deutschland. Insgesamt bewerben sich 4828 Kandidaten – so viele wie seit 1998 nicht mehr. Sarreither wertet das als Hinweis gegen Politikverdrossenheit. Beruflich tätig sind mit 1757 die meisten in den Bereichen Unternehmensorganisation/Recht/ Verwaltung, gefolgt von Gesundheit/Soziales/Lehre/Erziehung (683). 520 Bewerber sind unter dem Punkt Wiederkandidatur verzeichnet – sie kandidieren also erneut für den Bundestag. 348 Kandidaten sind Studenten, Azubis oder Schüler.
Barbara Rütting ist die Älteste
Mit 1323 Bewerbern gehört ein Großteil der Altersgruppe der 50- bis 59Jährigen an. Der jüngste Bewerber wird nach eigenen Angaben erst einige Tage vor der Wahl 18: der in Berlin geborene Schüler Floris Beer, der für Die PARTEI in Fürstenwalde antritt. Die älteste Kandidatin ist die 89-jährige ehemalige Autorin und Schauspielerin Barbara Rütting, die für die V-Partei für Veränderung in Bayern antritt.
Der Anteil der Frauen liegt mit 29 Prozent deutlich höher als 2013 (25,8 Prozent). Mit 71 Prozent weist der Wahlkreis Bad Kissingen den höchsten Frauenanteil bei den Direktkandidaten auf – in 29 Wahlkreisen stehen hingegen nur Männer als Direktkandidaten zur Wahl. Bei den Landeslisten liegt der Frauenanteil höher als bei den Direktkandidaten. Unter den momentan im Bundestag vertretenen Parteien haben die Grünen mit 46,9 Prozent den größten Frauenanteil bei den Kandidaten, die CSU mit 22,2 Prozent den geringsten.