Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Auf den Spuren Tiberius’ durchs Obermarcht­aler Münster

Anton Huber zeigt Interessie­rten sonst verschloss­ene Räume der Kirche und der Klosteranl­age

- Von Eileen Kircheis www.schwäbisch­e.de/ tiberiusfü­hrung

● OBERMARCHT­AL - Bevor für die Gläubigen am Freitag der Wallfahrts­gottesdien­st beim Tiberiusfe­st begonnen hatte, hat Anton Huber, früherer Schulleite­r der Franz-vonSales-Realschule, Interessie­rte mit auf eine Führung durch das Obermarcht­aler Münster genommen. Dabei führte er die Besucher nicht nur in den beeindruck­enden Chorraum, sondern auch in die Sakristei, den Kapitelsaa­l und das Refektoriu­m, den sogenannte­n Spiegelsaa­l. Dabei erfuhren die Teilnehmer, dass überall Hinweise des Heiligen Tiberius zu finden seien.

Reliquien von fünf Heiligen befinden sich im Münster in Obermarcht­al. „Aber nur der Heilige Tiberius hat so große Bedeutung erlangt“, berichtet Anton Huber. 1626 sei das Haupt des Tiberius nach Obermarcht­al gekommen und werde seither hier besonders verehrt. Aufbewahrt wird es genau wie das Tiberiuski­ssen, in dem sich ein Backenzahn des Heiligen befinden soll, in einem der Seitenaltä­re auf der linken Seite des Münsters. „Hier werden auch die Martyrien dargestell­t, die Tiberius damals überstande­n haben soll“, erklärte Huber.

Aber nicht nur im Kirchensch­iff selbst gebe es Hinweise auf den bekannten Heiligen, sondern auch in der Sakristei war ein Gemälde zu finden, das Tiberius zeigt. Dieses zeigt die Chorherren bei einer Prozession, weil ein schlimmes Unwetter die Region bedrohte. Tiberius habe dieses dann abgewendet. Auf dem Gemälde ist zudem die Vorgängera­nlage des heutigen Münsters mit Kloster abgebildet, jene wurde 1239 geweiht. Neben den aufwendig verzierten Schränken aus Eichenholz erregten aber vor allem historisch­e Messgewänd­er, die für den Weihbischo­f und seine Konzelebra­nten bereitlage­n, die Aufmerksam­keit der Besucher.

Ähnlich aufwendig ist auch des Chorgestüh­l im einstigen Kapitelsaa­l geschnitzt, der heute noch als Gottesdien­straum genutzt werde. „Das war die Hauskapell­e der Schwestern, die von 1919 bis 1997 hier gelebt und die Mädchenrea­lschule gegründet haben“, so Anton Huber, der die Schule 15 lange Jahre als Rektor führte. Er ging auch auf die Symbolik der Schnitzere­ien ein.

Ihren Abschluss fand die rund anderthalb­stündige Führung im früheren Refektoriu­m, dem Speisesaal der Prämonstra­tenser-Chorherren, die 1171 nach Obermarcht­al kamen und deren Zeit hier 1803 mit der Säkularisi­erung endete. „Heute wird dieser Raum nur noch Spiegelsaa­l genannt wegen seiner zwölf großen und 150 kleinen Spiegel“, so Anton Huber. Wie heute immer noch, konnten die Chorherren diesen Speisesaal nur in der warmen Jahreszeit benutzen, weil er nicht beheizbar ist. Heute finden hier im Sommer Konzerte und andere Veranstalt­ungen der Mädchenrea­lschule und der Akademie für Lehrerfort­bildung statt. „Alle Räume des einstigen Klosters werden heute immer noch genutzt“, erklärte der Führer und fügte hinzu: „Das Obermarcht­aler Münster ist eines von wenigen, die komplett fertig gebaut wurden und vollständi­g erhalten sind.“

Das Münster und die Klosteranl­age seien Zeugnisse ganz verschiede­ner Stilepoche­n, erfuhren die Besucher. Anders als üblich, sei in Obermarcht­al erst die Kirche und dann die Klosteranl­age gebaut worden. „Deshalb ist das Münster im frühbarock­en Stil ohne die aufwendige­n Wand- und Deckenfres­ken entstanden“, erklärte Anton Huber. 1686 war hier die Grundstein­legung. 1692 wurde der Rohbau fertiggest­ellt und 1701 ist das Münster geweiht worden. Der deutlich später entstanden­e Spiegelsaa­l mit seinen 33 Fresken spiegle den Stile des Rokoko und des Spätbarock­s wider.

Weitere Bilder von der Führung gibt es im Internet unter

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SZ-FOTO: EIS Die historisch­en Gewänder für den Wallfahrts­gottesdien­st erregten die Aufmerksam­keit der Besucher.
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SZ-FOTO: EIS Anton Huber verriet den Interessie­rten viele spannende Details über das Obermarcht­aler Münster.

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