Ein subjektiver Blick auf Ravensburg
Der neue Bildband des berühmten Fotokünstlers Guido Mangold ist ein bemerkenswertes Heimatbuch
●
RAVENSBURG - Das Buch scheint ein wenig aus der Zeit gefallen: Fotos, die zum Teil auffallend dezent wirken, deren Farbigkeit nicht alles übertrifft, was in der Natur je zu sehen war. Manche von ihnen sind angeordnet, man möchte fast sagen eingeklebt, wie früher, als es noch Fotoalben gab, zum Teil haben sie nicht einmal Bildunterschriften. Dazu Texte, deren Sprachwitz den feinen Humor des Autors verraten und die zeigen, was Sprache vermag, wenn eine gute Beobachtungsgabe auf Freude am Fabulieren trifft.
Der preisgekrönte Fotograf Guido Mangold, der vor mehr als 60 Jahren auszog, die Welt zu entdecken, hat nun, zum Abschluss seiner Fotografenkarriere, seine Heimatstadt Ravensburg neu entdeckt. Daraus entstand der Bildband „Ravensburg mit meinen Augen“– ein, wie der Titel schon sagt, subjektiver Blick auf das, was Mangold festhaltenswert erschien in dieser stolzen oberschwäbischen Stadt. Der Wochenmarkt, das Museumsviertel, ein Tattookünstler, natürlich das Rutenfest, geschichtsträchtige Architektur. Und immer wieder Detailansichten Ravensburgs, das geprägt ist von jahrhundertealten Traditionen, aber auch von der Industrie, die den Menschen den Wohlstand gebracht hat. Eine Art Heimatbuch im doppelten Wortsinne.
Analog statt digital
Was diesen Band wirklich bemerkenswert, wenn nicht heutzutage einzigartig macht: Keines der Bilder wurde digital „aufgehübscht“. Der 83-jährige Fotograf, der sich nie mit Digitalkameras anfreunden konnte, arbeitet mit Filmen und Abzügen – und vor allem mit dem Licht. Deshalb haben seine Bilder eine andere Anmutung, als man es heutzutage gewohnt ist. Sie wirken zum Teil etwas unpräziser, nicht so gestochen scharf, aber auch nicht so schreiend wie diejenigen, deren künstlerischer Wert nach der Aufnahme durch ein Bildbearbeitungsprogramm entstand.
Der Betrachter kann also darauf vertrauen, dass der nahezu dramatisch in blau und orange gefärbte Himmel über dem Turm „Mehlsack“genau so leuchtete, als Mangold ihn fotografierte. Eine Seltenheit heutzutage. Und deshalb ist dieses Buch auch für Nicht-Ravensburger interessant, die genug haben von Fotos mit faltenretouschierten Gesichtern und künstlichen Naturphänomenen.
Guido Mangold hat jahrzehntelang als freier Fotograf für alle großen Magazine in Deutschland gearbeitet, er hat Politiker und Stars wie John F. Kennedy und Louis Armstrong fotografiert, Uschi Obermaier als Model entdeckt und mehr als 20 Bücher veröffentlicht. Im vergangenen Jahr waren seine Fotografien in der Ausstellung „Die Welt mit meinen Augen“im Ravensburger Kunstmuseum zu sehen – offensichtlich für ihn der Anlass, sich nach vielen Jahren des Abstands wieder mit seiner Heimatstadt zu befassen.
Die Texte in dem Bildband „Ravensburg mit meinen Augen“hat Klaus Nachbaur verfasst, der nicht nur der Neffe von Mangold, sondern im Gegensatz zu ihm auch bekennender Oberschwabe ist. Er hat mehr als 30 Jahre lang als Redakteur für die „Schwäbische Zeitung“gearbeitet – und ist seiner Heimatstadt mit wenigen Ausnahmen treu geblieben.