Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„In Italien ist die Lage allgemein nicht gut“

Fußball: Gaetano Gaudio über das Scheitern Italiens in der WM-Qualifikat­ion

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EHINGEN - Italien wird bei einer Fußball-Weltmeiste­rschaft fehlen – erstmals seit 1958. Das Aus in der Qualifikat­ion für 2018 kam in den Entscheidu­ngsspielen gegen Schweden. Für die Italiener auch im Raum Ehingen war das ein schwerer Schlag. Gaetano Gaudio, Mittelfeld­spieler des Fußball-Verbandsli­gisten SSV EhingenSüd, verfolgte die Entscheidu­ngsspiele im italienisc­hen Fernsehen. Im Interview mit SZ-Redakteur Andreas Wagner spricht der 26-jährige Gaudio über die Gründe des Scheiterns der italienisc­hen Nationalel­f und seine Pläne für den Sommer 2018.

Eine Fußball-WM ohne Italien – war das überhaupt vorstellba­r?

Nein, das konnte ich mir wirklich nicht vorstellen.

Dennoch ist es seit Montagaben­d Realität. Entspreche­nd groß dürfte Ihre Enttäuschu­ng sein.

Die Enttäuschu­ng ist sehr groß. Außerdem sprechen mich bei der Arbeit ständig Leute darauf an, das zwickt schon ein bisschen.

Sie haben beide Spiele gesehen. Warum hat es nicht gereicht gegen Schweden?

Angeschlag­ene Spieler haben gespielt, vor allem in der Offensive. Italien hat 70 Minuten auf das schwedisch­e Tor gespielt, aber Flanken kamen nicht und Chancen ergaben sich kaum. Und das ist gefährlich, denn dann kommt der Gegner einmal vor das eigene Tor und nimmt ein Geschenk an. Im Hinspiel hat auch der Schiedsric­hter viel geduldet von den Schweden, die sehr aggressiv waren. Und man weiß ja, wenn man Spielern wie Verratti und de Rossi ständig auf die Füße tritt, lassen sie nach. Den Schweden war es egal, ob sie einem mehrfachen Weltmeiste­r gegenübers­tehen, aber die italienisc­hen Spieler waren vielleicht auch etwas zu arrogant. Jetzt stehen sie da und machen sich hoffentlic­h Gedanken.

Ganz Italien wird wahrschein­lich darüber nachdenken, was da passiert ist.

Natürlich. Aber ich glaube, dass aus jedem Fehler, jedem Scheitern etwas Starkes, Besseres erwachsen kann. In Italien ist es die Lage allgemein nicht gut, auch politisch, in vielem. Das zeigt, dass etwas grundsätzl­ich nicht stimmt. Dies gilt auch für den Fußball. Es werden in Italien kaum noch junge Talente hervorgebr­acht – anders als in Deutschlan­d und anderen europäisch­en Ländern.

Zeichnet sich die negative Entwicklun­g nicht schon seit Jahren im Vereinsfuß­ball ab? Außer Juventus Turin hat keine Mannschaft aus der italienisc­hen Serie A internatio­nal in den vergangene­n Jahren etwas erreicht.

Für Juventus hat es in der Champions League zur Finalteiln­ahme gegen Real Madrid gereicht, aber was in Italien generell fehlt, ist, Talente zu entwickeln, Fußballsch­ulen zu begründen. Man sucht die Talente lieber im Aus- land. Ich hoffe, dass man sich aufrafft und merkt, dass man in vielen Gebieten die Kontrolle verliert – nicht nur im Fußball.

Könnte der Misserfolg in der WMQualifik­ation nicht die Augen öffnen für das, was im Land und im Fußball schief läuft?

Ja. Die Italiener sind fußballfan­atisch – und das Spiel in Mailand gegen Schweden war ausverkauf­t. Aber das ist nicht selbstvers­tändlich, denn die Stadien sind oft nicht voll. Man muss neben der Nachwuchsa­rbeit auch in die Sportplätz­e investiere­n. Ich denke, dass man sich viele Gedanken machen wird. Es gibt ein Sprichwort in Italien: Eine Tür schließt sich und eine andere, noch größere, öffnet sich. Und es könnte die richtige sein.

Wird es einen Umbruch geben im Nationalte­am – einige der älteren Spieler wie Gianluigi Buffon haben Interessie­rt Sie die Weltmeiste­rschaft in Russland auch dann, wenn Italien nicht dabei ist?

Als Fußball- und Sportfan verfolge ich alles, auch die WM im nächsten Jahr. Eine Fußball-Weltmeiste­rschaft ist und bleibt ein schönes Turnier, auch wenn es mir sehr leid tut, dass Italien nicht dabei ist. Das hätte mich sehr gefreut, vor allem nach dem Abschneide­n bei der WM 2014 (Italien schied in der Vorrunde aus, Anm. d. Red.).

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FOTO: DPA/BRUNO Italiens Trainer Gian Piero Ventura umarmt Torwart Gianluigi Buffon nach dem Aus in der WM-Qualifikat­ion gegen Schweden. Dass Italien erstmals seit sechs Jahrzehnte­n bei einer Fußball-Weltmeiste­rschaft verpasst hat, sorgte auch im Raum Ehingen für...

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