Zu Silvester ein Feuerwerk der Kalorien
Das morgige Datum ist für viele Menschen ein Fest der Gemeinschaft. Und weil es ungerecht ist, jemanden in die Küche zu verbannen, damit er oder sie abgeschieden von der feierlaunigen Gesellschaft das Essen verfertige, hat der Mensch irgendwann das Fondue erfunden. Also die kollektive Zubereitung von Speisen direkt bei Tisch. Wir erinnern uns: Fondue ist, wenn (zu) viele Leute gleichzeitig ihre Gabeln mit Fleisch bestücken, um sie dann alle zur selben
Zeit in eine siedende Flüssigkeit zu tauchen.
Weil das den meisten Menschen aber zu mühsam ist, stopfen sie sich – bereits bevor besagte Flüssigkeit überhaupt erhitzt ist – den Bauch mit Brot voll, das sie zuvor in all die Sößchen und Dips tunken, die eigentlich für das Fleisch bestimmt waren. Vorteil: Durch die kontinuierliche Aufnahme von Kleinmengen, die sich über mehrere Stunden hinzieht, verliert der Mensch das Gefühl für das verzehrte große Ganze und damit automatisch das schlechte Gewissen.
Eine beliebte Variation dieses Prinzips der Nahrungsaufnahme ist das Käsefondue. Dabei wird das Fleisch durch Brotstückchen ersetzt, und die siedende Flüssigkeit durch geschmolzenen Käse, angereichert klassischerweise mit Kirschwasser. Dies soll gut für die Verdauung sein, was aber natürlich kompletter Unfug ist, denn: Wer sich Magen und Verdauungstrakt großzügig mit flüssigem Käse füllt, dem ist auch mit ein paar Schnäpsen nicht zu helfen. Jedenfalls nicht gegen das vorprogrammierte Völlegefühl.
Ein weiteres Tischerlebnis, das sich zum Klassiker für feierliche Jahresabschlüsse entwickelt hat, ist das Raclette. Wobei das inzwischen überwiegend gebräuchliche nichts mit jenem Raclette Schweizer Ursprungs zu tun hat, bei dem ein halber Käselaib in ein Stativ eingespannt wird und die jeweils obere Schicht mittels einer Heizquelle dahinschmilzt. Die heute gebräuchliche Form hat damit herzlich wenig zu tun, sondern ist vielmehr die hochkalorische Kombination aus klassischem Fondue und Käsefondue. Dabei werden allerlei Dinge in kleine Pfännchen gestapelt – Fisch, Fleisch und vereinzelt Gemüse – und mit gehaltvollem Käse belegt. Diese Pfännchen werden dann in das Gerät gestellt und mittels eines Heizstabs von oben gratiniert.
Wer von all der Kocherei am Tisch auch nach einer mehrstündigen Sitzung noch immer nicht genug hat, kann zum Abschluss natürlich zum Schokoladenfondue greifen. Die Hauptrolle spielt dabei die namensgebende Zutat Schokolade, die geschmolzen durch eine Art Brunnen stetig umgewälzt wird. Aufgespießte Süßigkeiten wie Fruchtstücke, Gummibärchen oder Marshmallows werden dann in die flüssige Schokolade gehalten – und das kalorienreiche Vergnügen nimmt seinen Lauf. Damit wäre jedenfalls der relative Energiebedarf bis ungefähr Ostern großzügig gedeckt.
Über die Folgen einer solchen Fondue-Orgie zu Silvester wird üblicherweise erst an Neujahr nachgedacht. Leider stehen auch keine vernünftigen Diät-Alternativen zur Verfügung – fettarmer Käse schmilzt nicht vernünftig, ähnliches gilt für die Schokolade. Der einzige Trost ist also, dass Silvester ja nicht so furchtbar oft vorkommt in einem Jahr.
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