Kurztrip nicht nur für Kunstliebhaber
An einem Wochenende im baskischen Bilbao bleibt auch Zeit für einen Abstecher ans Meer
S● chon der Landeanflug ist vielversprechend: Bergiges Hinterland, gerade noch karg, dann grün. Eine Stadt kommt in Sicht, ganz nah an der Küste liegt sie im Sonnenschein. Die Lust auf das Wochenende in Bilbao steigt.
Bilbao ist eine Hafenstadt im Norden Spaniens. Oder ist das eine falsche Beschreibung? Schließlich hängen überall in der Stadt Aufkleber, die deutlich machen: „Wir sind keine Spanier! Wir sind keine Franzosen! Wir sind Basken!“. Und die baskische Flagge mit rotem Grund, grünem Andreaskreuz und weißem Kreuz ist allgegenwärtig. Versuchen wir es so: Bilbao ist die größte Stadt in der Autonomen Gemeinschaft Baskenland in Spanien und Hauptstadt der Provinz Bizkaia. Bis zur französischen Grenze sind es knapp 130 Kilometer. Die Industriestadt begeistert mit einem historischen Kern, Galerien und Museen für Kunstliebhaber und dem Strandspaziergang in U-Bahn-Reichweite.
Überblick vom Berg Artxana Freitag:
Wer gerne zu Fuß unterwegs ist, kann die Stadt problemlos während eines Spaziergangs erkunden, egal ob sein Hotel in der Altstadt oder „nur wenige Gehminuten vom Guggenheim-Museum entfernt“liegt – wie es in so vielen Hotelbeschreibungen heißt. Ergänzend erleichtern Tram, Metro und Busse das Herumkommen. Mit der Standseilbahn, von den Einwohnern liebevoll „Funi“genannt, geht es hoch auf den Berg Artxana, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Die Bahn, das älteste öffentliche Verkehrsmittel der Stadt, wurde 1915 gebaut, um die Bewohner zum Casino zu bringen. 1983 wurde die Standseilbahn komplett renoviert und legt jetzt in drei Minuten eine Strecke von gut 770 Metern und 226 Metern Höhenunterschied zurück. Von oben bietet sich ein toller Blick über die Stadt.
Mithilfe des Stadtplans suchen wir die Umgebung wie ein Wimmelbild ab. Ziemlich offensichtlich schlängelt sich der Ria de Bilbao durch die Stadt. Zur Linken ist die Altstadt mit den engen Gassen, Kirchen und der Kathedrale erkennbar. Zur Rechten findet sich Moderneres wie das Guggenheim-Museum und das Fußballstadion San Mames. Wir gehen noch ein paar Schritte weiter. Nun sieht man auch den Flughafen, und das Meer lässt sich erahnen.
Statt nur aus der Vogelperspektive wollen wir die Innenstadt nun im Detail erkunden. Zunächst wirken die Gassen der Altstadt eng und dunkel, aber immer wieder gelangt man auf freie, sonnenbeschienene Plätze, auf denen Menschen zusammenstehen oder -sitzen. Pintxos, Pintxos und nochmal Pintxos gehören in Bilbao zum Speiseplan. Die kleinen Happen mit Schinken, Käse, Oliven, Sardellen, Kabeljau oder Hecht werden mit einem Zahnstocher oder Spieß (spanisch: pincho) zusammengehalten. Gestärkt geht es zurück Richtung Einkaufszone. Rund um die Plaza Moyua finden sich internationale und lokale Bekleidungsgeschäfte. Wer sich für erschwingliche, bunte Souvenirs vom bedruckten Regenschirm über Teetassen bis zum reflektierenden Rucksack begeistert, der ist in einer der Ale-HopFilialen gut aufgehoben.
Wer nach dem Trubel etwas Ruhe braucht, kann sich in den kleinen Park „Bilbao Jardines“zurückziehen und dort die weißen und blauen Pfauen beobachten. Ganz in der Nähe finden Kunstliebhaber auch das „Museo de Bellas Artes de Bilbao“und das berühmte Guggenheim-Museum. Weil es von außen doch einen recht wuchtigen Eindruck macht, verschieben wir den Besuch auf den nächsten Tag.
Samstag: Vergangenes Jahr hat das Guggenheim-Museum in Bilbao sein 20-jähriges Bestehen gefeiert. Nicht alle in der Stadt empfinden es als Bereicherung – zu wenig Mitspracherecht, zu wenig Kooperationen mit lokalen Galerien und zu wenig regionale Kunst wird moniert. Zumindest aber gibt der berühmte Gebäudekomplex des Architekten Frank O. Gehry dem Stadtbild einen interessanten architektonischen Blickfang.
Das fantasievolle Gebäude beherbergt Wanderausstellungen, die oft auch in anderen Guggenheim-Museen Station machen, aber auch etliche Kunstwerke, die dauerhaft gezeigt werden. Darunter etwa Richard Serras „The Matter of Time“– acht überdimensionale Stahlstrukturen, durch die die Besucher spazieren. Eindrucksvoller wirkt allerdings Jenny Holzers Installation, die Zitate – belebt und beleuchtet durch LEDLampen – durch den Raum flackern lässt. Voller Eindrücke aus drei Etagen Guggenheim-Museum, suchen wir im Anschluss etwas Weite. Wir wollen ans Meer – mit der U-Bahn. Die Linie 1 führt nach Plentzia. Direkt an der U-Bahn-Station führt der Weg zunächst über eine Brücke über den Fluss. Jede Menge Stehpaddler sind unterwegs und bahnen sich den Weg an vertäuten Booten entlang. Der Spaziergang führt weiter am Fluss entlang. Kleine Häuschen und Restaurants säumen den Weg. Nach etwa einem Kilometer erreichen wir die belebte Umgebung des Hafens. Auch hier lässt man es sich mit Pintxos gut gehen. Der Weg führt weiter an den weitläufigen Sandstrand. Am anderen Ende der Bucht geht ein Pfad durch ein kleines Waldstück nach oben – mit herrlichem Blick auf zerklüftete Felsen und atlantische Weite. Wer gerne Fisch mag, isst vor dem Rückweg in die Stadt noch mit Meerblick zu Abend.
Sonntag: Heute erkunden wir mit dem Mietwagen ein wenig das Umland. Schnell lassen wir das Straßengewirr und den Verkehr der Großstadt hinter uns, schlagen den Weg Richtung Süden ein und fühlen uns in der hügeligen Landschaft wie in einer anderen Welt. Unser Ziel ist „Monte Santiago“in der Provinz Burgos. Ein knapp acht Kilometer langer Rundweg führt dort durch das waldige Areal bis zu einer Felsschlucht. Wagemutig grasen Ziegen am Abgrund. Wer ähnlich abenteuerlustig ist, kann hier auf einer Plattform über der Tiefe schweben.
Es bleibt noch etwas Zeit bis zum Rückflug, also machen wir uns noch nach San Juan de Gaztelugatxe auf, einer kleinen Insel vor der Felsküste der Coast Vasca. Ein Kreuzweg führt vom Festland über eine Brücke mit ziemlich vielen Stufen hinauf zu der Erhebung, auf der eine kleine Kirche thront. Für die siebte Staffel der Erfolgsserie „Game of Thrones“wurde die Kirche digital durch die Burg Drachenstein ersetzt. Aber egal ob Fantasy-Fan oder nicht: Die fast märchenhafte Atmosphäre hier dürfte jeden Urlauber entzücken.
Informationen gibt es vor Ort in der Tourist-Info unweit des Guggenheim-Museums. Direktflüge von Stuttgart aus bietet Eurowings an.