Starrkopf
In Südafrika gibt es ein eigenes Wort für Menschen, die für eine verlorene Sache kämpfen und gegen jede Vernunft nicht aufzugeben bereit sind – man nennt sie „Bittereinder“. Historisch bezieht sich das auf republikanische Buren im Krieg gegen das britische Empire zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Als würdiger Nachfolger dieses ebenso starrsinnigen wie verbitterten Menschenschlags hat sich Südafrikas Präsident Jacob Zuma erwiesen – bis zu seinem Rücktritt am späten Mittwochabend.
In Zumas Amtszeit stagnierte die Wirtschaft, der Rechtsstaat erodierte. Nur die Korruption trieb zahlreiche Blüten. Seine Partei, der Afrikanische Nationalkongress des verstorbenen Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandela, wollte ihn loswerden. In der Nacht auf Dienstag forderte der Parteivorstand ihn zum Rückzug auf. Am Mittwoch antwortete Zuma live im TV – und zeigte sich noch uneinsichtig: „Niemand hat mir eine Erklärung gegeben, was ich getan haben soll.“Unfair sei das.
Zumas Amtszeit war von Affären überschattet. Besonders verhasst war vielen Südafrikanern der Einfluss der Guptas, einer indischstämmigen Unternehmerfamilie. Sie sollen Zuma geschmiert haben, dafür bekamen sie Staatsaufträge und sogar Einfluss auf die Vergabe von Ministerposten. Vermutet wird, dass Zuma im Gegenzug für seine Bereitschaft zum Rücktritt Immunität gegen Strafverfolgung oder zumindest die Übernahme der Anwaltskosten aushandeln wollte.
Im Fernsehen sagte Zuma, er habe einen Rücktritt im Juni angeboten, nun ist er mit sofortiger Wirkung zurückgetreten – und dem Misstrauensvotum der Regierungsfraktion im Parlament gerade noch zuvorgekommen.
Ulrich Mendelin