Juncker: EU soll bürgernäher werden
Kommissionspräsident wirbt für Änderungen – Diskussion um Haushalt
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BRÜSSEL - Die Europäische Union soll nach dem Willen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bürgernäher werden und die Wähler stärker beteiligen. Der Luxemburger warb in Brüssel für einschneidende Änderungen in den Institutionen der Staatengemeinschaft. „Ich hätte gerne, dass in einer irgendwie absehbaren Zeit dafür gesorgt wird, dass wir ein Zwei-Kammer-System in Europa haben.“Zudem sprach er sich für die kommende Europawahl dafür aus, dass die Parteien erneut Spitzenkandidaten benennen, die europaweit Wahlkampf machen und die Aussicht auf das mächtige Amt des Kommissionspräsidenten haben.
Die zwei EU-Kammern sollten Juncker zufolge aus dem Europaparlament und dem Rat der Mitgliedstaaten bestehen. Beide zusammen sorgen für die Gesetzgebung der EU. Mit der Frage der Spitzenkandidaten habe er, der bei der letzten Wahl als Frontmann der Konservativen antrat, sich schwerer getan, als viele vermuten, verriet Juncker. „Das Versuchskarnickel ist nicht ohne Schmerzzufügung durch die europäische Landschaft gegeistert und getrieben worden“, sagte der Luxemburger auf Deutsch. Da die Personalie erst im März 2014 entschieden worden sei, habe er nur sechs Wochen Zeit gehabt, um die Mitgliedstaaten zu bereisen. Das müsse diesmal besser laufen. Noch vor dem Sommer sollten deshalb die Parteien ihren Spitzenkandidaten für die Wahl im Sommer 2019 küren.
Eile sei auch bei der Finanzplanung geboten. Beim letzten Mal habe die Barroso-Kommission ihre Pläne erst im Sommer 2011 vorgelegt, so sei das Gefeilsche ums Geld erst im Dezember 2013 beendet worden – zu spät für das Haushaltsjahr 2014. Die Folge war Planungsunsicherheit bei bäuerlichen Betrieben und anderen Unternehmen. Forschungsvorhaben kamen nicht voran, Projekte standen still. Damit sich das nicht wiederhole, werde die Kommission am 2. Mai ihren Haushaltsentwurf vorlegen.
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger stellte erste Zahlen vor. Die durch den Brexit entstehende Lücke im Gemeinschaftshaushalt wird nach seinen Angaben bei zwölf bis 14 Milliarden Euro pro Jahr liegen. Ein besserer Schutz der EU-Außengrenzen wird Oettinger zufolge Investitionen in Höhe von bis zu 150 Milliarden Euro erfordern. Auch Oettinger fordert schnelle Entscheidungen zur Finanzierung Europas im kommenden Jahrzehnt. Ohne einen Beschluss deutlich vor Beginn des nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmens ab 2021 würden „mehr als 100 000 durch die EU finanzierte Projekte nicht rechtzeitig anlaufen“.