Studie: Mietpreisbremse ist besser als ihr Ruf
In München und Stuttgart gingen Mieten teilweise zurück – Für Neubauwohnungen stiegen sie dafür schneller
BERLIN (AFP/kec) - Die vor zweieinhalb Jahren eingeführte Mietpreisbremse gilt bislang als weitgehend wirkungslos. Einer neuen Studie zufolge kann sie den Anstieg von Mietkosten zumindest teilweise dämpfen. „Die Mietpreisbremse greift nur in bestimmten Regionen mit besonders starken Mietanstiegen und erreicht damit nur kleine Teile der Bevölkerung“, erklärte Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch. „Das heißt jedoch nicht, dass die Mietpreisbremse grundsätzlich eine Fehlkonstruktion ist – dort wo sie wirken kann, tut sie es auch“.
Nach Berechnungen des DIW und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wirkt die Mietpreisbremse in ihrer bisherigen Form nur dann, wenn die Neuvertragsmieten in der entsprechenden Region in den vier Jahren zuvor durchschnittlich um mindestens 3,9 Prozent pro Jahr gestiegen sind.
Gegenwärtig gilt die Mietpreisbremse in 313 von rund 11 000 Städten und Gemeinden in Deutschland, in denen etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt. Allein in Baden-Württemberg sind 65 Städte und Gemeinden betroffen, darunter Ravensburg, Weingarten, Tettnang, Ulm, Radolfzell, Stuttgart, Singen und Konstanz. Auch in Bayern sind neben Großstädten wie München, Nürnberg oder Augsburg auch kleinere Städte wie Neu-Ulm oder Kempten betroffen. Die im Juni 2015 als erstes in Berlin eingeführte Regelung deckelt in Gebieten mit einem „angespannten Wohnungsmarkt“die Kosten bei Neu- oder Wiedervermietungen auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete plus zehn Prozent. Die Vergleichsmiete wird auf Basis abgeschlossener Mietverträge aus den vorangegangenen vier Jahren berechnet.
Der Spielraum zur Mieterhöhung auf Seiten der Vermieter sorge dafür, dass die Regulierung rein rechnerisch erst ab der 3,9-Prozent-Schwelle greifen könne, erklärten die Studienautoren. Wo die Regulierung greifen könne, wirke die Mietpreisbremse „sehr wohl und dämpft den Anstieg der Mieten dauerhaft“.
In Gegenden, in denen die Neuvertragsmieten für bestehende Wohnungen zuvor jährlich um mehr als 4,8 Prozent kletterten, gingen die Mieten demnach im Durchschnitt sogar einmalig um rund drei Prozent zurück – beispielsweise in Teilen der Berliner Stadtteile Mitte und Neukölln, in München-Laim und München-Schwabing oder im Stuttgarter Heusteigviertel.
„Die Mietpreisbremse wirkt in Regionen, in denen die Mieten zuvor stark gestiegen sind, und ist unter dem Strich besser als ihr Ruf – die Erwartungen waren vielerorts schlicht zu hoch“, erklärte Andreas Mense von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Für die Studie werteten die Autoren mehr als 200 000 Mietinserate von Online-Plattformen aus und verglichen diese mit regulierten und unregulierten Wohnungen in ähnlicher Lage und von ähnlicher Qualität. Dabei habe sich allerdings auch gezeigt, dass die Mieten für neu gebaute Wohnungen, die nicht unter die Mietpreisbremse fallen, deutlich schneller gestiegen seien als früher.
Die Mietpreisbremse dämpfe zwar in Teilen den Mietpreisanstieg, „hilft Wohnungssuchenden allerdings nicht“, kommentierte der Eigentümerverband Haus & Grund. In stark nachgefragten Städten helfe nur „mehr Wohnungsbau“.
Auch die DIW-Autoren erklärten, die Mietpreisbremse allein könne die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht lösen. Die Politik müsse noch mehr Anreize für den Neubau von Wohnungen setzen. In den Koalitionsverhandlungen einigten sich Union und SPD darauf, die Mietpreisbremse künftig zu verschärfen. Zudem soll der Bund zwei Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau stecken.