Spielzeit mit Spatz und Spektakel
Von Schiller bis Wagner, von Judas bis Evita: Der neue Intendant Kay Metzger präsentiert vielseitiges Programm
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ULM - Ein Spatz! Tatsächlich: Das Maskottchen der Stadt Ulm ziert künftig auch das Logo des Theaters Ulm. Ein Spatz, der große Augen macht, schließlich ist er gewissermaßen das Wappentier des anstehenden Umbruchs an den städtischen Bühnen. Gestern hat der kommende Intendant Kay Metzger sein Leitungsteam und vor allem den Spielplan für die Spielzeit 2018/19 präsentiert. Der enthält einige Klassiker, eine ganze Portion Spektakel – und sogar ein Stück mit direkten Bezug zu Ulm.
Selbst Metzger muss zugeben: Das mit dem Spatz „ist so naheliegend, dass man es eigentlich gar nicht hätte machen sollen“. Aber der Vogel stehe für das Selbstverständnis der Stadt. Und dazu passt auch das schwäbische Spielzeitmotto: „Neigschmeckt“. Ein Wort, das dem neuen, ziemlich unschwäbischen Team noch nicht leicht über die Lippen geht. Chefdramaturg Christian Katzschmann und Ausstatterin Petra Mollérus bringt Metzger vom Landestheater Detmold mit, Ballettchef Rainer Feistel kommt aus Chemnitz, Schauspieldirektor Jasper Brandis zieht aus Hamburg nach Ulm.
Kay Metzger hatte schon bei seiner Vorstellung im Gemeinderat mehrere Ziele formuliert – und gedenkt sie auch einzulösen. So hatte er versprochen, das Theater stärker in den Region zu verankern, es offener, kommunikativer über für alle Generationen attraktiver zu machen und den Schwerpunkt seiner Intendanz auf das Thema Bürgertum und Bürgerlichkeit zu legen. „Das liegt in Ulm sehr nah“, findet der 58-Jährige, der seine erste Spielzeit an der Donau programmatisch „Gut. Bürgerlich.“überschrieben hat.
Starten wird die Premierensaison von Metzger und Kollegen mit einem „Premierenmarathon“innerhalb von vier Tagen, wie der gebürtige Kieler sagt. Im Großen Haus gibt es zum Start Leos Janáceks Oper „Das schlaue Füchslein“(27. September) und Schillers Drama „Die Räuber“(28. September), im Podium das Schauspiel „Lupus in fabula“(29. September). Dazu kommt, Stichwort Bürgernähe, eine außerhalb des Theaters: der Monolog „Judas“von Lot Vekemans in der Turmhalle des Münsters (30. September).
Zuschauer stimmen über Urteil ab
Das Schauspiel bringt danach im Großen Haus unter anderem eine Inszenierung von Ferdinand von Schirachs Gerichtsdrama „Terror“(17. Januar 2019), bei dem die Zuschauer am Ende über das Urteil abstimmen dürfen, und eine Bühnenadaption von Fatih Akins Komödie „Soul Kitchen“(7. März 2019). Eine besondere Uraufführung steht im Podium an: „Aufstieg und Fall des Uli H. – eine deutsche Wurstiade“(23. November); nicht ausgeschlossen, dass die Handlung Verbindungen zum Leben eines prominenten Ex-Ulmers hat.
Im Musiktheater erwarten Besucher große Namen, allen voran das Musical „My Fair Lady“(8. November) und Wagners „Der fliegende Holländer“(21. März 2019) in der Inszenierung des Intendanten. Letztere wird vom Landestheater Detmold übernommen. Zwei weitere Produktionen sind ebenfalls schon erprobt: Donizettis „Lucia di Lammermoor“(20. Dezember), inszeniert vom früheren Ulmer Intendanten Ansgar Haag in Meiningen, und George Benjamins „Written on Skin“(9. Mai 2019), das Metzger für Detmold und die Königliche Oper Stockholm erarbeitet hat. Die Spielzeit endet auf der Wilhelmsburg – mit Andrew Lloyd Webbers Musical „Evita“(7. Juni 2019). „Ein Titel, der sehr gut in die Atmosphäre passt“, findet der neue Intendant.
Alles beim Alten – was für die Besucher eine gute Nachricht sein dürfte – bleibt bei den fünf Philharmonischen Konzerten. Die legen in der neuen Spielzeit einen besonderen Akzent auf die Musik der deutschen Romantik, eine gemeinsame Vorliebe von Generalmusikdirektor Timo Handschuh und Neu-Intendant Metzger. So erklingen gleich beim ersten Konzert (23. Oktober) Werke von Engelbert Humperdinck, Johannes Brahms und Hans Rott. Der zweite Abend im CCU (4./5. Dezember) ist dann Leonard Bernstein und seinem Lehrer Aaron Copland gewidmet.
Tänzer haben sich noch nie gesehen
Im Ballett bedeutet der Wechsel einen harten Schnitt: Direktor Rainer Feistel beginnt Ende August die Arbeit mit einer komplett neuen Compagnie. Zehn Tänzerinnen und Tänzer, die sich wahrscheinlich noch nie gesehen haben. „Das ist spannend“, freut sich Feistel, für den Ulm ebenfalls einen Einschnitt bedeutet – er hat bislang sowohl als Tänzer als auch als Choreograf ausschließlich in Sachsen gearbeitet. Aus Chemnitz bringt er seine von Maler Edward Hopper inspirierte Choreografie „Gesichter der Großstadt“(18. Oktober) mit, für deren Vorbereitung das neue Ensemble lediglich sieben Wochen Zeit haben wird. Zweites großes Ballett der Spielzeit wird „Das kalte Herz“(18. April 2019) nach dem Märchen des Schwaben Wilhelm Hauff.
Langfristiger angelegt als das Programm sind die organisatorischen Änderungen. Die betreffen unter anderem das Kinder- und Jugendtheater, das künftig unter dem Namen „Junges Theater Ulm“firmiert. Dort bekommt Martin Borowski Unterstützung von einer weiteren Theaterpädagogin, ganz neu im Team ist ein Tanzpädagoge. Der Bereich Kinder und Jugend soll gestärkt werden, wobei Metzger betont, dass man ein „gut nachbarschaftliches Verhältnis“zu den anderen Akteuren in der Stadt anstrebe. Wie es sich unter anständigen Bürgern gehört.