Wo Frauen in den Kirchen stehen
Jaqueline Straub will sich nicht damit abfinden, dass Frauen in der katholischen Kirche die Priesterweihe verwehrt ist und kämpft für Gleichberechtigung
STUTTGART (HF) - Die Rolle der Frau in den beiden großen Kirchen ist heute zwar gefestigt und ihr Beitrag in der Gemeindearbeit unersetzlich, doch die Stellung der Geschlechter – insbesondere in der katholischen Kirche – ist von Gleichberechtigung, wie sie Jacqueline Straub fordert, weit entfernt. Die 27-Jährige, die in Pfullendorf aufgewachsen ist, will katholische Priesterin werden. Aber auch evangelische Pfarrerinnen sind nicht überall so anerkannt wie ihre männlichen Kollegen. Das gilt auch heute noch – 100 Jahre nachdem Frauen in Deutschland das Wahlrecht erlangt haben.
Die Theologin Jacqueline Straub möchte Priesterin werden. Sie darf es aber nicht, weil sie katholisch ist. Warum sie trotzdem ihr Ziel verfolgt, hat sie Heidi Friedrich im Interview gesagt. Ihre Berufung zur Priesterin stand für sie früh fest: Schon als Jugendliche, als sie in Pfullendorf aufwuchs, zog es sie hinter den Altar. Unerschrocken kämpft die 27-Jährige seither für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Priesteramt. Da ihr klar ist, dass sie ihr Ziel nicht in Kürze erreichen wird und weil ihr im kirchlichen Dienst wegen ihres öffentlichen Engagements Steine in den Weg gelegt wurden, hat sie sich unterdessen für eine Karriere als Autorin und Journalistin entschieden. Sie arbeitet als Redakteurin bei der Sendung „Fenster zum Sonntag“, die im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wird und sich mit christlichen Glaubensthemen beschäftigt.
Seit Jahren setzen Sie sich öffentlich dafür ein, dass Frauen in der katholischen Kirche als Priesterinnen arbeiten dürfen. Warum ist Ihnen das wichtig?
Mein Engagement hat in erster Linie persönliche Gründe. Ich hatte schon als Teenager die Sehnsucht, genau das zu tun, was auch der Pfarrer im Gottesdienst tat. Am meisten zieht es mich zum Predigen. Ich spüre, dass ich dafür eine Begabung habe. Zudem fühle ich mich zu den seelsorgerischen Aufgaben hingezogen. Ich setze mich aber auch für die Frauen ein, die sich in der katholischen Kirche benachteiligt fühlen, weil sie nicht dieselben Rechte und Möglichkeiten haben wie die Männer. Oft handelt es sich dabei um Pastoralreferentinnen, die Angst haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, wenn sie ihren Arbeitgeber öffentlich herausfordern. Es ist eine Schande, dass Frauen mit Strafen oder quasi Abmahnungen rechnen müssen, wenn sie sich für die Frauenordination in der katholischen Kirche einsetzen. Ich habe beobachtet, dass ein regelrechtes Denk- und Sprechverbot herrscht.
Haben Sie selbst auch solche Erfahrungen gemacht?
Ja, sogar mehrfach. Als ich mich zum Beispiel nach dem Studium auf Seelsorgestellen in Gemeinden bewarb, bekam ich meist nicht einmal eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, obwohl ich die besten Abschlussnoten vorweisen konnte und es in diesem Sektor an Angestellten mangelt. Es war für mich offensichtlich: Die Verantwortlichen wollten sich mit mir keinen Ärger einhandeln. Obwohl ich mich beruflich erst einmal umorientiert habe, gebe ich meinen Kampf für das Frauen-Priestertum aber nicht auf. Meine Bücher „jung, katholisch, weiblich“und „Endlich Priesterin sein!“sind meine Manifeste.
Ist es für Sie eine Option, in die evangelische Kirche einzutreten? Dort könnten Sie Ihren Traumberuf ausüben.
Die katholische Kirche ist meine reliJesus giöse Heimat. Ich fühle mich mit den ihr spezifischen Ritualen und Sakramenten tief verbunden. Das kann und will ich nicht einfach ablegen oder austauschen. Aber die katholische Kirche hat Reformen bitter nötig. Es macht für mich keinen Sinn, einer Institution den Rücken zu kehren, wenn etwas darin nicht stimmt. Im Gegenteil: Ich will mich mit den bestehenden Problemen auseinandersetzen und an Lösungen und Verbesserungen arbeiten. Ich bin froh, dass Papst Franziskus damit begonnen hat, die althergebrachten Machtstrukturen aufzubrechen. Das macht mir auch für uns Frauen Hoffnung, obwohl mir klar ist, dass es noch ein langer Weg ist. Zuerst wird wohl der Zölibat abgeschafft werden, damit die Frauenordination an die Reihe kommen kann.
Können Sie Ihre feministische Forderung auch theologisch begründen?
hat im Umgang mit Frauen und Männern keinen Unterschied gemacht. Er ist auf alle Menschen gleichermaßen zugegangen. Er wandte sich an fremde sowie sogar an verheiratete Frauen und sprach mit ihnen auf Augenhöhe. Damit hat er damals gesellschaftliche Tabus gebrochen, weil das zu seiner Zeit so unüblich war. Jesus Christus war ganz klar für die Gleichheit aller Menschen, egal welchen Geschlechts. Aber am bedeutendsten ist doch, dass es kein Mann, sondern eine Frau war, die am ersten Ostermorgen die frohe Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi verkündet hat. Man könnte sagen, dass Maria Magdalena also die erste Predigerin war. Auch die Mitglieder der frühen Kirche haben bei den priesterlichen Aufgaben zwischen Männern und Frauen keinen Unterschied gemacht. Ich sehe kein theologisches Argument, das gegen das Weihesakrament für Frauen spricht.