Gerichtshof für Menschenrechte billigt Sorgerechtsentzug für Sekten-Kinder
STRASSBURG (dpa/AFP) - Der Entzug des Sorgerechts für Kinder der Sekte „Zwölf Stämme“in Bayern war laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zulässig. Die Zwangsunterbringung in Heimen oder Pflegefamilien habe nicht gegen die Menschenrechte der Eltern verstoßen, urteilte das Gericht am Donnerstag in Straßburg. Die Behörden hatten eingegriffen, weil in der Glaubensgemeinschaft Kinder gezüchtigt worden sein sollen. Die Gruppe beruft sich auf die Bibel und sieht Rutenschläge als angemessene Strafe für Kinder bis etwa 14 Jahre an.
Vier Familien hatten geklagt. Sie sahen durch den Entzug des Sorgerechts ihr Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt. Die Richter stellten sich hinter die Entscheidungen der deutschen Familiengerichte: Das Risiko einer systematischen körperlichen Züchtigung von Kindern könne es rechtfertigen, die Kinder in Obhut zu nehmen. Die Gerichte hätten fair zwischen den Interessen der Eltern und dem Kindeswohl abgewogen.
Die Prügel bei zwei Gemeinschaften der „Zwölf Stämme“, die in Bayern in dem Ort Wörnitz und dem ehemaligen Zisterzienserinnen-Kloster Klosterzimmern lebten, waren 2012 durch Medienberichte ans Licht gekommen. Ein Fernsehreporter hatte mit einer versteckten Kamera Szenen von Züchtigungen aufgenommen und das Video an das Jugendamt und das Familiengericht in Nördlingen geschickt.