SPAREN – EIN FALL FÜRS MUSEUM
Die Deutschen und ihre Liebe zum Geld
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BERLIN - Nicht über die Verhältnisse leben, keine neuen Schulden machen und nur das Ausgeben, was man hat. Solche Aussagen gehören auch weit über Schwaben hinaus in Deutschland zum guten Ton. Die Ausstelllung „Sparen – die Geschichte einer deutschen Tugend“im Deutschen Historischen Museum spürt jetzt den Ursprüngen des Sparens nach.
Wolfgang Schäuble hat sich mit seiner „schwarzen Null“nicht nur in Brüssel einen Namen als Sparminister gemacht. Sein Nachfolger Olaf Scholz scheint ihm nicht nachstehen zu wollen und hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er diesen Kurs fortsetzen wird.
Doch trotz aller Kritik: Das Sparen ist aus den Deutschen nicht herauszukriegen – und das nicht nur in der Politik. Kinder bringen ihr Sparschwein zum Weltspartag auf die Bank, ein Notgroschen wird irgendwo im Haus deponiert und das Sparbuch bekommt mancher sogar schon zur Taufe. Das Sparen gehört zur deutschen Kultur, wie Brezeln oder Weizenbier.
Die Ausstellung im Deutschen Historischen Museum in Berlin zeigt nun mit 300 Objekten die Spuren von mehr als 200 Jahren deutscher Sparmentalität – ein Feld, das bisher in weiten Teilen noch völlig unbeleuchtet war, meinte Ausstellungskurator Robert Muschalla. Sparbüchsen in Form von Fliegerbomben, Sparautomaten, die Anfang des Jahrhunderts in Schulen aufgestellt wurden und Werbeplakate, die dazu aufrufen, einen Notgroschen bei der Sparkasse zu hinterlegen zeichnen das Bild eines Sparer-Volks.
Das Sparen sei den Deutschen über Jahrhunderte anerzogen worden, so der Kurator. „Von Beginn an ging es im Gleichklang um eine bestimmte Arbeitsethik und die Erziehung zur Sparsamkeit.“Im Glauben, dass Armut nichts Gottgegebenes und jeder seines Glückes Schmied ist, entwickelte sich die Mentalität des Fleißes, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Erste Sparkasse 1778
Das institutionalisierte Sparen ist aber keine deutsche Erfindung. In der Frühen Neuzeit legten Bergleute Kassen für schlechte Zeiten an und im 18. Jahrhundert gründeten Franziskanermönche in Italien Pfandleihkassen, um Bedürftigen günstige Kredite zu ermöglichen.
Die erste deutsche Sparkasse entstand 1778 in Hamburg. Auch sie sollte Menschen in Notlagen günstige Kredite ermöglichen. Immer mehr Kommunen erkannten in den folgenden Jahrzehnten die Bedeutung solcher Institution und gründeten ihre eigenen Kassen – mit dem Nebeneffekt, dass die Spareinlagen öffentliche Aufgaben mitfinanzierten.
Vor allem während des Nationalsozialismus wurde Sparen zum zentralen Erziehungsziel. Plakate warben mit Slogans wie „Deutsche Art bewahrt, wer arbeitet und spart“. Denn Banken wurden angewiesen in Staatsanleihen zu investieren – ein unauffälliger Weg für die Rüstungsfinanzierung.
Zur Zeit des sogenannten Wirtschaftswunders in den nachkriegsjahren ließ der Wunsch nach Konsum die deutschen Sparschweine besonders ausdauernd klingeln.
Zum Sparen sei auch in anderen Ländern erzogen worden, sagt Muschalla, doch nirgendwo sonst habe Sparsamkeit eine so ideologische Aufladung erfahren. Sie entwickelte sich zu einer deutschen Tugend. Zu einer Eigenschaft, die wünschenswert erschien. Und trotz mehrerer großer Rückschläge, die das Guthaben vollständig auffraßen, etwa die Hyperinflation oder die Weltkriege, sparten die Menschen kräftig weiter. Und das bis heute.
Knapp 2,3 Billionen Euro horten die Deutschen laut Bundesbank auf Giro- und Tagesgeldkonten oder in bar zu Hause – und das trotz extrem niedriger Zinsen. Die sogenannte Sparquote, also der Anteil am Einkommen, der nicht ausgegeben wird, liegt seit Jahrzehnten sehr hoch. Laut Statistischem Bundesamt legten die Deutschen 1990 noch 13,1 Prozent des Einkommens zur Seite. 2017 waren es noch 9,9 Prozent.
Franzosen sparen mehr
„Über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren würde ich hier von einer hohen Stabilität sprechen”, sagt Oliver Landmann, Professor für Wirtschaftstheorie an der Universität Freiburg. Denn ein Faktor für das hohe Niveau sei, dass die deutsche Bevölkerung im Vergleich schneller altern würde. „Und man der Rente nicht vollkommen traut“, so Landmann. Etwas zurücklegen sei laut dem Wirtschaftswissenschaftler nach wie vor sinnvoll. „Die Rentenversicherung und andere sozialstaatliche Versorgungseinheiten laufen auf schwere finanzielle Engpässe zu“, sagt Landmann. Im angelsächsischen Bereich spiele Sparen hingegen eine untergeordnete Rolle. Während in Deutschland noch die Mentalität herrsche, sich größere Anschaffungen zusammenzusparen, sei es etwa in Nordamerika völlig normal zu Krediten zu greifen. Im europäischen Vergleich ist Deutschland allerdings trotzdem nicht die Nummer eins im Sparen. Laut Zahlen der OECD aus dem Jahr 2015 lagen die Deutschen bei der Sparquote hinter Frankreich und der Schweiz nur auf Platz drei.
Sparsame Schwaben?
Die Ausstellung im Historischen Museum verfolgt einen gesamtdeutschen Ansatz – auch wenn gerade die Schwaben einen besonderen Ruf in Sachen Sparsamkeit haben. Tatsächlich ist das nicht nur Hörensagen. Die Sparquoten im Südwesten sind im Vergleich tatsächlich etwas höher als im Rest der Republik. Für Muschalla liegt das allerdings nicht an einer besonderen Mentalität der Schwaben. Vielmehr sei das auf das stärkere Einkommensniveau zurückzuführen.
Die Ausstellung „Sparen – die Geschichte einer deutschen
Tugend” im Deutschen Historischen Museum in Berlin läuft noch bis 26. August 2018.