Essener Tafel nimmt wieder Ausländer auf
Trägerverein ändert Regeln nach bundesweiter Kritik
ESSEN (dpa/epd) - Bundesweit hat die Essener Tafel Debatten ausgelöst – nun hat sie ihren umstrittenen Aufnahme-Stopp für Ausländer nach knapp drei Monaten wieder aufgehoben. Der Vorstand des Trägervereins beschloss am Dienstag einstimmig, dass Berechtigungskarten künftig wieder unabhängig von der Nationalität vergeben werden sollen. Der Beschluss trete am Mittwochnachmittag in Kraft, sagte der Vereinsvorsitzende Jörg Sartor.
Die Essener Tafel hatte zuletzt einen vorübergehenden Aufnahmestopp für Ausländer als Neukunden beschlossen. Als Grund nannte die Organisation den 75-Prozent-Anteil an Ausländern unter ihren Kunden. Alte Leute und Mütter mit Kindern fühlten sich durch junge ausländische Männer verdrängt und kämen seltener. Sartor hatte den Beschluss mehrfach verteidigt, auch gegen Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Der Ausländeranteil sei mittlerweile deutlich gesunken, sagte Sartor nun. Der 61-Jährige schätzte ihn auf derzeit etwa 45 Prozent. Die Essener Tafel hatte stets betont, dass es sich bei dem Aufnahme-Stopp um eine vorübergehende Maßnahme handele.
Ein Runder Tisch hatte am 9. März eine Neuregelung für Kapazitätsengpässe vereinbart: Unabhängig von ihrer Nationalität sollen dann Alleinerziehende, Familien mit minderjährigen Kindern sowie Senioren bevorzugt aufgenommen werden. „Wenn ein Engpass kommt, werden wir uns auf diese Menschengruppen fokussieren“, sagte Sartor. An dem von der Stadt moderierten Runden Tisch hatten Vertreter der Essener Tafel, der Essener Wohlfahrtsverbände sowie des Verbundes der Essener Migrantenselbstorganisationen teilgenommen.
Bundesweit gibt es 934 gemeinnützige Tafeln. Sie sammeln überschüssige Lebensmittel von Herstellern und Händlern und verteilen sie an bis zu 1,5 Millionen Bedürftige. Bei 40 Prozent der Einrichtungen sind Vereine die Träger, bei den übrigen stehen Organisationen wie Diakonie, Caritas, Rotes Kreuz oder Arbeiterwohlfahrt dahinter.