Wutanfall entlarvt brenzlige Lage des US-Präsidenten
D● onald Trump ließ jegliche Hemmungen fallen, als er vor Reportern im Weißen Haus über Robert Mueller, den Sonderermittler, herzog. Aufgebracht sprach der Präsident von einer „Schande“, einer „totalen Hexenjagd“und einer „völlig neuen Qualität der Unfairness“. Ausgelöst durch eine Razzia des FBI bei seinem Anwalt Michael Cohen, gipfelte die Tirade in Sätzen, die sich anhörten, als wolle eine feindliche Macht Amerika in seinen Grundfesten erschüttern. „Das ist ein Angriff auf unser Land. Das ist ein Angriff auf alles, wofür wir stehen.“
Trumps Tirade entlarvt die Lage des US-Präsidenten und heizt Spekulationen an, dass er hart gegen den Justizapparat zurückschlagen könnte – mittels Entlassungen an der Spitze des Justizministeriums sowie des Sonderermittlers. Auf die Frage nach Muellers Zukunft sagt er nur: „Wir werden sehen, was passiert.“Ein Angriff des Präsidenten auf die Justizbehörden aber könnte die USA in eine Verfassungskrise stürzen. Muellers Team sei in einem Maße parteiisch, wie er es noch nie erlebt habe, wetterte Trump und machte deutlich, dass er in den Ermittlern rings um den früheren FBIDirektor nur ein Werkzeug in den Händen der oppositionellen Demokraten sieht. Stunden zuvor hatte das FBI Räume des persönlichen Anwalts von Trump in Manhattan durchsucht.
Steuerunterlagen und Schweigegeld
Die Bedeutung Cohens für Trump kann kaum überschätzt werden. Der Anwalt arbeitet seit zwölf Jahren für Trumps Immobilienunternehmen. Cohen ist Trumps Problemlöser – ein Mann, der hinter den Kulissen unangenehme Angelegenheiten bereinigt. Cohen verfügt über eine Fülle von Intimkenntnissen aus Trumps Privatleben und seinen geschäftlichen wie politischen Aktivitäten. Zu den Dokumenten, die die Detektive mitnahmen, gehörten Steuerunterlagen sowie Belege über Zahlungen, mit denen Cohen das Schweigen der Pornodarstellerin Stephanie Clifford erkaufte. Kurz vor der Präsidentschaftswahl 2016 überwies er der Frau, die unter ihrem Künstlernamen Stormy Daniels bekannter ist, 130 000 Dollar aufs Konto.
Es war der Versuch, sie davon abzubringen, über eine Affäre mit Trump zu plaudern. Inzwischen fühlte sich die 39-Jährige nicht mehr an die Abmachung gebunden, im Fernsehen schilderte sie, was sich 2006 zwischen ihr und Trump in einem Hotel abspielte. Cohen behauptet, er habe die 130 000 Dollar aus seiner Privatkasse gezahlt. Trump, der die Affäre bestreitet, habe nichts davon gewusst.
Selbst wenn der Staatschef tatsächlich nicht im Bilde war, könnte der Scheck eine illegale Wahlkampffinanzierung darstellen. Eine Zahlung in der Absicht, Trumps Ruf mit Blick auf das anstehende Votum zu retten, hätte als Wahlkampfunterstützung deklariert werden müssen. Nach Informationen des „Wall Street Journal“wird unter anderem wegen Bankbetrugs und Verletzung der Regeln zur Wahlkampffinanzierung gegen Cohen ermittelt.
Auch bei der Anbahnung potenzieller Geschäfte in Russland, über die Trump eine Zeitlang nachdachte, soll Cohen eine Rolle gespielt haben. Als ein russischer Mittelsmann einen Deal zum Bau eines Wolkenkratzers in Moskau offerierte, soll er sich an Cohen gewandt haben. Mueller wiederum geht dem Verdacht nach, Trumps Wahlkampfteam könnte sich mit dem Kreml abgesprochen haben, um Hillary Clinton zu schaden.