Knall-Auftakt des Hauruck-Trainers
Niko Kovac wird im Sommer von Frankfurt nach München wechseln – Bobic stinksauer
MÜNCHEN (SID/dpa/falx) - Niko Kovac saß im dunkelgrauen T-Shirt vor der aufgeregten Journalistenschar im Presseraum von Eintracht Frankfurt und sprach nüchtern über die Ereignisse seines turbulenten Vortages. „Der Tag fing normal an, aber dann kam eine Dynamik rein, die ich in dieser Form selbst noch nicht erlebt habe“, berichtete der künftige Trainer von Bayern München: „Es gibt Sachen, die passieren wirklich sehr schnell im Leben.“
Glaubt man den Schilderungen des 46-Jährigen, dann ging sein kompletter Wechsel zum deutschen Rekordmeister innerhalb weniger Stunden über die Bühne. „Ich habe einen Anruf aus München bekommen, mit Vertragsangebot. Dieses habe ich gestern auch angenommen“, sagte Kovac. Er habe sich daraufhin mit Eintrachts Sportvorstand Fredi Bobic und Sportdirektor Bruno Hübner getroffen und sie informiert. „Eine Möglichkeit in München zu arbeiten bekommen nicht viele Spieler, nicht viele Trainer“, so der Kroate, der bei Bayern einen Vertrag bis 2021 erhält.
Vor allem Bobic kritisierte die Münchner für ihr Vorgehen scharf. „Dass Informationen innerhalb kürzester Zeit nach außen geflossen sind – und das sicherlich nicht aus Frankfurt – ist sehr ärgerlich, unprofessionell und respektlos“, sagte der 46-Jährige und beklagte, dass von Seiten der Münchner zuvor „keine Kontaktaufnahme“stattgefunden habe: „Aber das sind eben die Bayern, und die haben ihr Ding gemacht und an sich gedacht.“
Kovac folgt in München auf Pep Guardiola, Carlo Ancelotti und Jupp Heynckes, die gemeinhin als Meister ihres Fachs gelten. Alleine siebenmal haben sie mit ihren Mannschaften die Königsklasse gewonnen. Und nun soll Kovac die Münchner Träume erfüllen. Doch geht mit dem Heynckes-Nachfolger auch ein Risiko einher: Über die bei den Münchnern gewünschte und erforderliche Erfahrung im Big-Business Champions League verfügt Kovac nicht. Lediglich als Nationalcoach Kroatiens von 2013 bis 2015 schnupperte er internationale Luft. Die Erfolge hielten sich aber in Grenzen. Bei der WM 2014 scheiterte er mit seinem Team in der Vorrunde, in der anschließenden EM-Qualifikation wurde er nach einem 0:0 in Aserbaidschan und einem 0:2 in Norwegen entlassen.
Doch Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidžic sieht darin kein Problem. „Er arbeitet modern, innovativ und passt sich unseren Strukturen an. Er ist der perfekte Trainer für uns und genau das, was wir brauchen“, sagte Salihamidžic bei FCB.tv. Die Entscheidung ist im Vorstand nach den Absagen der Wunschlösung Heynckes, der sich ab Juni endgültig in den Ruhestand verabschiedet, und von Thomas Tuchel (zu Paris St. Germain) „einstimmig“gefallen, bestätigte der Sportdirektor. Und für Kovac spricht neben seine Arbeit etwas, das bereits beim überraschenden Verlauf der Sportdirektoren-Suche eine entscheidende Rolle spielte: sein Stallgeruch als früherer Bayern-Spieler (2001 bis 2003).
Zusätzlich nicht unwichtig: Der bis 2019 laufende Vertrag von Kovac in Frankfurt enthält eine Ausstiegsklausel, die ihm gegen Zahlung einer Ablösesumme von 2,2 Millionen Euro einen sofortigen Wechsel zu einem europäischen Spitzenclub ermöglicht. Dadurch unterschied sich der Eintracht-Coach am Ende von anderen verbliebenen Kandidaten wie Ralph Hasenhüttl (RB Leipzig) oder Jürgen Klopp (FC Liverpool). Er ist zur neuen Saison verfügbar.
Die Bedenken, dass Kovac in seiner Trainerkarriere noch kein Champions-League-Spiel bestritten und noch keinen Titel gewonnen hat, wischte sein Vorgänger Heynckes vom Tisch. „Als ich 1987 vom beschaulichen Mönchengladbach nach München kam, war ich auch noch sehr jung, sehr unerfahren und hatte noch keinen Titel gewonnen. Man wächst mit der Aufgabe – und ich traue ihm das zu. Ich finde das eine gute Wahl.“