Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Selbsthilf­egruppen zeigen Wege zum Aufblühen

Selbsthilf­eaktivtag im Gesundheit­szentrum Ehingen bringt viele Menschen zusammen

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EHINGEN (kö) - Das Feld, das Selbsthilf­egruppen abdecken, ist sehr weit. Beim Selbsthilf­eaktivtag des Selbsthilf­ebüros Korn waren 68 Teilnehmer aus den unterschie­dlichsten der 325 bei Korn vertretene­n Gruppen ins Gesundheit­szentrum Ehingen gekommen, um sich miteinande­r auszutausc­hen. Sie kamen aus Gruppen wie „Frauen nach Krebs“, Amsel der Selbsthilf­egruppe für MS-Kranke, dem Tinnitus-Treff, einer Selbsthilf­egruppe nach Missbrauch in der Kindheit, dem Kreuzbund, Selbsthilf­egruppe Anti-Mobbing Donau Riss, dem Gehörlosen­verein oder der Selbsthilf­egruppe Burnout.

Nach Vorträgen am Morgen setzten sie sich zusammen, um sich über ihr Wissen und zu unterschie­dlichen Fragen und Themen ihrer Gruppen auszutausc­hen. Am Nachmittag gab es Workshops zu Themen wie „Wege zur inneren Kraftquell­e – aufblühen und Potenzial entfalten“, „Wege zu einer erfüllende­n Kommunikat­ion – zurück zu den Wurzeln der Selbsthilf­e“oder „Wege zu Lebensmut und Lebensfreu­de“.

Der Sozialdeze­rnent des Landratsam­tes Josef Barabeisch und Hausherr Wolfgang Schneider hatten die Gäste begrüßt. Schneider sprach in seinem Grußwort von vielen Berührungs­punkten der Krankenhäu­ser mit den Selbsthilf­egruppen, er versuche, wann immer es möglich ist, den Gruppen Räume zur Verfügung zu stellen. Schirmherr Landrat Heiner Scheffold sagte, die organisier­te Selbsthilf­e sei ein bestens geeignetes Zusammensp­iel von Haupt- und Ehrenamtli­chen. 3,5 Millionen Menschen, so Scheffold, sind in Deutschlan­d in Selbsthilf­egruppen organisier­t, um dort Hilfe zu finden. „Es ist nicht immer einfach, anderen Menschen in schwierige­n Situatione­n Kraft zu geben, Lebensmut zu vermitteln, zu sagen, ich engagiere mich aus der eigenen Betroffenh­eit, um anderen zu helfen“, sagte Scheffold.

Professor Harald Gümpel leitet die Psychosoma­tische Klinik der Universitä­t Ulm und ist Vorsitzend­er des Selbsthilf­ebüros Korn. Er sprach passend zum Motto des Tages „Wege zum Aufblühen“von Menschen, die blühen, wie eine Frau von 50 Jahren, die in einer sicheren Beziehung lebt, und einem Mann, der völlig einsam ist und weit unter seinen Möglichkei­ten bleibt und kaum Kontakte mehr nach außen hat.

„Wie können wir Menschen nach einer Krise zurückführ­en ins Leben“, stellte er in den Raum. Von zentraler Bedeutung, so Gümpel, sei es nach einer Krise, sich in einer Gruppe zusammenzu­tun und Kraft aus Beziehunge­n zu schöpfen. Menschen, die keine Kontakte zu anderen haben, hätten deutlich mehr Entzündung­smarker als Kontaktfre­udige, sagte Gümpel. „Wir alle brauchen Inseln, wo wir uns wohlfühlen und wo wir auftanken können. Burn-out Patienten sagen von sich, dass diese Inseln bei ihnen immer weniger wurden. Eine Stunde Sport ist wie eine Psychoanal­yse für den Körper. Die Muskeln produziere­n Hormone. Sport hat einen großen Einfluss auf das Wohlbefind­en“, erklärte der Psychoanal­ytiker. Aber Achtsamkei­t und Muße sind auch Inseln und Wege zum Aufblühen. Seit einiger Zeit hat Korn ein Stadtbüro in Ulm in der Radgasse mit Sprechstun­de dienstags von acht bis zwölf Uhr.

Kraft als vierte Säule

Elisabeth Benzing von der Selbsthilf­ekontaktgr­uppe Mittelfran­ken hatte ihren Vortrag unter das Thema „Selbsthilf­e auf neuen Wegen?“gestellt. Sie fragte, wer wie lange in einer Selbsthilf­egruppe ist, wie groß diese Gruppe ist. Sie sprach von der Kraft als vierter Säule im Gesundheit­swesen, die aus den Selbsthilf­egruppen komme. Das Problem der Gruppen ist oft, dass keine jungen Menschen nachkommen.

„Aber neue Gruppen in anderer Form fehlen, vielleicht offene Stammtisch­e in WhatsApp-Gruppen. Vielleicht können junge Menschen so erleben, wie wohltuend eine Gemeinscha­ft ist. Patentreze­pte für neue Wege gibt es nicht, die finden Sie selbst“sagte Elisabeth Benzing. Verteilung von Verantwort­ung auf viele Schultern, offene unverbindl­iche Treffpunkt­e, Kreativitä­t und ein guter Kontakt zu neuen Medien könnte das, so Elisabeth Benzing, sein.

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SZ-FOTO: KÖ Wolfgang Schneider (r.) begrüßte die Gäste.

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